Mehlingen (Rheinland-Pfalz)
Mehlingen ist mit derzeit ca. 3.900 Einwohnern der zweitgrößte Ortsteil der Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn im Landkreis Kaiserslautern - ca. zwölf Kilometer nordöstlich von Kaiserslautern gelegen (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Kartenskizze 'Landkreis Kaiserslautern', aus: ortsdienst.de/rheinland-pfalz/landkreis-kaiserslautern).
In der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts erreichte die hiesige jüdische Gemeinde mit maximal ca. 100 Angehörigen ihren personellen Höchststand.
Aussagen über erste Ansiedlungen von Juden in Mehlingen sind spekulativ, da schriftliche Belege erst ab 1800 vorliegen. Sie waren Schutzjuden der Grafen von Wartenberg, die einer jüdischen Ansiedlung in ihrem Territorium nicht ablehnend gegenüber stand.
1808 mussten auch die Mehlinger Juden – laut kaiserlichem Dekret - ihre Namen „umschreiben“ lassen; so wurde z.B. aus „Isaak David" nun „David Becker“ oder aus „Baruch Nathan“ nun „Bernhard Kraemer“. Aus der damals erstellten Namensliste geht hervor, dass – außer dem „Schulmeister“ - alle anderen im Handel ihren Lebenserwerb bestritten.
Die kleine jüdische Gemeinschaft hatte im eigenen Schulhaus behelfsmäßig ihren Betraum eingerichtet, der allerdings bereits seit den 1860er Jahren nicht mehr benutzt wurde.
Der noch heute bestehende jüdische Friedhof in Mehlingen wurde um 1800 angelegt; er war Verbandsfriedhof für die jüdischen Gemeinden in Otterberg, Sembach, Frankenstein und Kaiserslautern. Zuvor war ein anderes Areal ("Obere Kinkel") im Bereich der Grafschaft Wartenberg als zentrale jüdische Begräbnisstätte genutzt worden.
Die Gemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat von Kaiserslautern.
Juden in Mehlingen:
--- 1803 ......................... 56 Juden (in 12 Familien),
--- 1825 ......................... 66 “ (ca. 6% d. Bevölk.),
--- 1835 ......................... 98 “ (in 17 Familien),
--- um 1840 .................. ca. 80 “ ,
--- 1853 ......................... 61 “ ,
--- 1860 ......................... 24 “ ,
--- 1875 ......................... 16 “ ,
--- 1910 ......................... 6 “ ,
--- 1924 ......................... 5 “ .
Angaben aus: Lothar Horter/Michael Tilly, Mahnende Zeugen der Vergangenheit, S. 94
Ab Mitte des 19.Jahrhunderts wanderten vor allem jüngere jüdische Dorfbewohner in nahegelegene Städte wie Kaiserslautern oder Mannheim ab; innerhalb von 20 Jahren ging die Anzahl der in Mehlingen lebenden jüdischen Bewohner stark zurück.
Bereits 1867 wurde die Israelitische Gemeinde Mehlingen aufgelöst; die 20 hier noch lebenden Juden schlossen sich der inzwischen auch stark verkleinerten Kultusgemeinde Sembach an. Zwei Jahre später wurde ebenfalls die jüdische Schule aufgegeben.
Gegen Mitte der 1920er Jahre hatten dann alle Juden das Dorf verlassen.
Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." sind drei aus Mehlingen stammende Juden Opfer der NS-Gewaltherrschaft geworden (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/mehlingen_synagoge.htm).
Heute erinnert nur der jüdische Friedhof in der Mehlinger Heide an die jüdische Geschichte des Dorfes und des nahen Umlandes; knapp 200 Grabsteine haben auf dem ca. 1.700 m² großen Areal die Zeiten überdauert. Schon in den 1920er Jahren waren hier Zerstörungen zu verzeichnen, wie ein kurzer Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Februar 1923 vermeldet:
Während der NS-Zeit war der Friedhof schwer geschändet, Grabsteine abgeräumt und zweckentfremdet worden; nach 1945/1950 tauchte ein Teil der entwendeten Grabsteine dann wieder auf.
Jüdischer Friedhof Mehlingen (Aufn. E. Haseler, 2011, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0 und Beba, 2012, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)
zwei alte Grabsteine (Aufn. J. Hahn, 2010)
Das Friedhofsgelände war zeitweise Teil eines Truppenübungsplatzes; dabei wurde es stark in Mitleidenschaft gezogen; inzwischen ist es wieder hergerichtet.
[vgl. Sembach (Rheinland-Pfalz)]
Weitere Informationen:
Arnold Ruby, Die jüdische Gemeinde zu Mehlingen (Manuskript), o.J.
Nordpfälzer Geschichtsverein (Hrg.), Jüdisches Leben in der Nordpfalz - Dokumentation, Verlag F.Arbogast, Otterbach 1992
Arnold Ruby, Neukirchen – Mehlingen – Baalborn. Geschichte der Dörfer aus dem Kreis, hrg. von der Gemeindeverwaltung, 1994
Lothar Horter/Michael Tilly, Mahnende Zeugen der Vergangenheit, Hrg. Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn, 1998
Otmar Weber, Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südwestpfalz, Hrg. Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Pfalz (Landau), Dahn 2005, S. 114/115
Mehlingen, in: alemannia-judaica.de