Neugedein (Böhmen)

Okres Klatovy – Wikipedia Das Landstädtchen Neugedein in Westböhmen - einst Zentrum der Textilindustrie (1678 wurde hier die älteste Textilmanufaktur Böhmens gegründet) - ist das tschechische Kdyně mit derzeit ca. 5.200 Einwohnern - westlich von Klattau/Klatovy bzw. ca. 50 Kilometer südwestlich von Pilsen und in Grenznähe zu Bayern gelegen (Ausschnitt aus hist. Landkarte von ca. 1900, aus: wikipedia.org/wiki/Böhmische_Westbahn, gemeinfrei und Kartenskizze 'Tschechien' mit Eintrag von Kreis Klatovy farbig markiert).

 

Die ersten jüdischen Familien siedelten sich im Laufe des 18.Jahrhunderts in Neugedein an. Die sich bildende Gemeinde - offiziell gegründet im Jahre 1840 - blieb aber stets klein und erreichte zu keinem Zeitpunkt mehr als 100 Angehörige. Bis Mitte des 19.Jahrhunderts durften Juden hier nur in einem kleinen begrenzten Viertel wohnen.

Eine der einflussreichsten jüdischen Familien in Neugedein war die Familie Augstein, die wesentlich für die wirtschaftliche Entwicklung des Ortes verantwortlich zeichnete (vgl. dazu: „The Augstein Family of Kdyně“ in: geni.com/projects/Jewish-Families-from-Kdyn%25C4%259B-Neugedein-Bohemia-Czech-Republic/15272).

1862/1863 errichtete die hiesige Judenschaft unweit des Stadtplatzes ein Synagogengebäude im neuromanischen Stil, das bis heute erhalten geblieben ist. Die Synagoge war verbunden mit einer Schule und der Wohnung des Rabbiners bzw. Kantors; in den Kellerräumen befand sich ein rituelles Bad.

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Synagoge in Neugedein (hist. Aufn., um 1900)     restauriertes Synagogengebäude (Aufn. Karel Vovsik, 2008, aus: wikipedia.org, CC BY 3.0)

Über ein eigenes Beerdigungsgelände verfügten die Neugedeiner Juden nicht; Verstorbene wurden in Lautschim (tsch. Loucim) begraben.

Datei:Židovský hřbitov Loučim.jpgJüdischer Friedhof in Lautschim (Aufn. H., 2008, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

Anm.: In Lautschim gab es bis um 1895 eine israelitische Gemeinde, die im Laufe ihres Bestehens aber nie mehr als 50 Angehörige besessen hatte.

Juden in Neugedein:

         --- 1724 ...........................  2 jüdische Familien,

--- 1793 ...........................  5     “       “    ,

--- 1838 ...........................  3     "       "    ,

    --- 1880 ........................... 68 Juden,

    --- 1900 ........................... 51   "  ,

    --- 1921 ........................... 45   “  ,

    --- 1930 ........................... 25   “  .

Angaben aus: Institut Terezínské iniciativy

 

Die Angehörigen der sich um 1900 in Auflösung begriffenen Kultusgemeinde schlossen sich danach der jüdischen Gemeinde von Klattau (Klatovy) an. Gottesdienste fanden in der hiesigen Synagoge aber bis 1929 regelmäßig, bis 1936 nur noch an hohen Feiertagen statt. Während des Ersten Weltkrieges war die Synagoge als Unterkunft für jüdische Flüchtlinge aus Galizien benutzt worden; ab Ende der 1930er Jahre diente das Gebäude als Lagerhaus und überstand die Kriegsjahre ohne größere Schäden.

 

Das ehemalige jüdische Viertel fiel Ende der 1970er Jahre dem Abriss zum Opfer. 

Seit 1945 wurde das Synagogengebäude von der Tschechischen Hussitenkirche genutzt; nachdem Anfang der 1990er Jahre das Gebäude in Privathand übergegangen war, begann nun auch die Öffentlichkeit sich für das Haus zu interessieren. Der Kommune gelang es alsbald, das Gebäude käuflich zu erwerben; mit der Sanierung wurde dann umgehend begonnen. Das als „nationales Kulturdenkmal“ bezeichnete Synagogengebäude in Kdyně (seit 1997 unter Denkmalschutz stehend) gilt heute als eines der besterhaltenen jüdischen Gotteshäuser in Westböhmen. Seine Innenausstattung - Deckengemälde, Thoraschrein und die Bänke - sind im Original erhalten. Auch die Räume des Rabbinats und der Schule im Nachbargebäude haben die Zeiten unversehrt überdauert. Im Vorraum des Synagogengebäudes informiert eine Ausstellung über die jüdische Geschichte der Region.

 Deckenmalerei/Empore der Synagoge (Aufn. Museum Kdyně)

Anm. Die ursprünglich benutzten Kultgegenstände der Synagoge verwahrt das jüdische Museum in Prag.

 

 

In den Dörfern der Region gab es teilweise auch nennenswerte jüdische Ansiedlungen, so z.B. in Dlažov, Pocínovice, Loučím, Běhařov, Miletice, Libkov und Strážov.

 

 

 

Weitere Informationen:

František Houra (Bearb.), Kdyne, in: Hugo Gold (Hrg.), Židé a židovské obce v Cechách v minulosti a prítomnosti, Židovské nakladatelství, Brno - Praha 1934, S. 437

František Houra, The History of the Jews in Kdyně and the Surroundings, in: jewishgen.org (mit zahlreichen biographischen Angaben)

Jiří Fiedler, Jewish Sights of Bohemia and Moravia, Prag 1991, S. 92

Renata Klodnerová, Synagogy v Plzeňském kraji, Diplomarbeit, Karls-Universität Prag, Husitische Theologische Fakultät, 2011, S. 81/82

Jewish Families from Kdyně (Neugedein), Bohemia, Czech Republic, online abrufbar unter: geni.com/projects/Jewish-Families-from-Kdyn%25C4%259B-Neugedein-Bohemia-Czech-Republic/15272