Nörten (Niedersachsen)
Nörten ist heute Teil des von ca. 6.000 Menschen bewohnten Fleckens Nörten-Hardenberg (Kreis Northeim/Leine) – ca. zwölf Kilometer nördlich von Göttingen gelegen (Kartenskizze 'Kreis Northeim', Hagar 2009, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).
„Hardenberg sambt dem Flecken Norten“ - Stich um 1655 (Abb. aus: wikipedia.org, gemeinfrei)
Jüdische Bewohner im zwischen Göttingen und Northeim gelegenen Dorf Nörten sind seit 1715 nachweisbar; Mitte des Jahrhunderts wohnten hier einige Familien, die ihren bescheidenen Lebenserwerb im ambulanten Handel verdienten.
Die recht arme Gemeinde verfügte seit ca. 1785 über einen Bet- und Schulraum, der im Obergeschoss des Brauhauses angemietet worden war; nach zwischenzeitlicher Auflösung des Mietvertrages nutzte die Nörtener Judenschaft ab 1827 einen im neuen Brauhaus angepachteten Raum. Als das Gebäude in den 1870er Jahren veräußert wurde, kam die Gemeinde in den Besitz eines kleinen Grundstückes, auf dem ein kleines Synagogengebäude errichtet wurde. Nach dem Anschluss der Gemeinde an Northeim wurde das Haus verkauft. Wegen der schlechten finanziellen Situation soll sich die Nörtener Gemeinde in den 1840er Jahren „in einem sehr schlechten Zustand” befunden haben; Gottesdienste sollen nur unregelmäßig abgehalten worden sein; zudem belasteten innergemeindliche Streitigkeiten oft das Leben zwischen den jüdischen Familien.
Die hiesigen Kinder wurden durch häufig wechselnde Lehrpersonen unterrichtet, die von der Gemeinde bezahlt wurden und daneben auch das Amt des Schächters ausübten. In den 1860 Jahren soll es am Ort kurzzeitig eine jüdische Elementarschule gegeben haben.
Aus dem Jahre 1745 stammt der älteste Hinweis auf einen „Kirchhoff“; dieses Areal - nordwestlich des Burgberges gelegen - war den Juden von dem Grafen von Hardenberg übereignet worden und soll 1819 nachweislich belegt worden sein.
Juden in Nörten:
--- um 1750 ....................... mehrere (?) jüdische Familien,
--- 1848 .......................... 80 Juden,
--- 1854 .......................... 36 " ,
--- 1864 .......................... 55 “ ,
--- 1871 .......................... 31 “ ,
--- 1885 .......................... 30 " ,
--- 1895 .......................... 28 “ ,
--- 1905 .......................... 19 “ ,
--- 1913 .......................... 12 “ ,
--- 1926 .......................... 6 “ ,
--- 1933 .......................... eine Jüdin.
Angaben aus: Wilhelm Jürgens (Bearb.), Nörten, in: H. Obenaus (Hrg.), Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen ..., Bd. 2, S. 1151
Um die Mitte des 19.Jahrhunderts war die Zahl der Gemeindeangehörigen durch Zu- und Abwanderung deutlichen Schwankungen unterworfen. Als um 1870 nur noch sechs jüdische Familien in Nörten lebten, war der Anschluss der Restgemeinde an die jüdische Gemeinde Sudheim im Gespräch; aber die Sudheimer Juden lehnten ab. Zu Beginn der 1920er Jahre löste sich die Nörtener Gemeinde schließlich auf; die sehr wenigen noch verbliebenen Juden schlossen sich der Synagogengemeinde Northeim an.
Während der NS-Zeit wohnte nur noch eine „in Mischehe“ lebende Jüdin in Nörten.
Als einziger sichtbarer Hinweis auf die jüdische Dorfgeschichte erinnert heute der kleine Friedhof am Burgberg an die ehemals hier existierende kleine Gemeinde; allerdings sind nicht alle Grabstellen mehr erkennbar; etwa 35 Grabsteine/-plattenund -relikte haben die Zeiten überdauert. Weitere Grabdenkmale sind während der NS-.Zeit und durch später erfolgte Schändungen zerstört worden.
Jüdischer Friedhof in Nörten (Aufn. Nemracc, 2022 und P.P., 2017, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 4.0)
Weitere Informationen:
Rudolf Eckart, Bilder und Skizzen aus der Geschichte von Nörten, Hardenberg und der umliegenden südhannoverschen Landschaft, Nörten 1908
Gisela Murken, Zur Geschichte der jüdischen Einwohner im ehemaligen adeligen Gericht Hardenberg, in: "Northeimer Heimatblätter", 53/1988, S. 62 - 95
Berndt Schaller, Grabinschriften vom jüdischen Friedhof in Nörten, in: "Northeimer Jahrbuch", 54/1989, S. 140 - 152
Wilhelm Jürgens (Bearb.), Nörten, in: Herbert Obenaus (Hrg.), Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen, Wallstein-Verlag, Göttingen 2005, Band 2, S. 1151 - 1156
Flecken Nörten-Hardenberg (Hrg.), Von Angerstein nach Riga, des Sterbens wegen – Versuch einer Spurensuche, online abrufbar unter: noerten-hardenberg.de (Anm. Angerstein ist heute ein Ortsteil von Nörten-Hardenberg)