Offenbach/Glan (Rheinland-Pfalz)
Offenbach a. Glan ist mit derzeit ca. 1.100 Einwohner der größere Ortsteil der Kommune Offenbach-Hundheim der Verbandsgemeinde Lauterecken-Wolfstein im nordpfälzischen Landkreis Kusel - ca. 30 Kilometer nördlich von Kaiserslautern bzw. südöstlich von Oberstein gelegen (Ausschnitt aus hist. Karte, aus: europe1900.eu und Kartenskizze 'Landkreis Kusel', Hagar 2010, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).
Ein jüdischer Bewohner in Offenbach wurde erstmals Mitte des 16.Jahrhunderts urkundlich erwähnt; doch vermutlich haben bereits davor einzelne jüdische Familien am Ort gelebt. Diese hatten sich mit Erlaubnis der Wildgrafen von Dhaun-Grumbach in Offenbach niedergelassen.
In der 1925 veröffentlichten Offenbacher Chronik schrieb Albert Werner unter „Die Juden” u.a. die folgenden Sätze: „ ... In größeren Orten und Städten wohnten vereinzelt Judenfamilien. Hier in Offenbach ist heute noch die “Judengasse”. Sie wurde abends um 10 Uhr durch ein Tor verschlossen und endete am Glan, wo heute die alte Holzbrücke über denselben führt; ... Sie (Anm.: die Juden) waren unfreie Leute ... Die Juden lebten bis dahin in ärmlichen Verhältnissen. ”
Im 18.Jahrhundert war Offenbach das Zentrum jüdischen Lebens der Region; im Ort lebte der "Oberlandrabbiner", religiöses Oberhaupt der Juden im Bereich der Wildgrafschaft. Das Zusammenleben zwischen Juden und Christen in Offenbach verlief nicht immer konfliktfrei; es besserte sich erst im Laufe des 19.Jahrhunderts.
1832 errichtete die Offenbacher Judenschaft am Marktplatz eine eigene Synagoge, an die auch ein Schulhaus mit Lehrerwohnung angeschlossen war.
Synagoge (links im Bild) u. jüdische Schule in Offenbach/Glan - Synagogenfront (hist. Aufn., Ausschnitt, aus: Landesamt)
Aus einer Beschreibung des Synagogeninneren:„ ... Wer durch das Portal eintrat, bemerkte rechts und links - durch einen Mittelgang getrennt - die Sitzbänke für die Gläubigen. Dem Eingang gegenüber fiel ein blauer Samtvorhang auf, der sich hinter einer Balustrade befand und den Thoraschrein an der rückwärtigen oder Ostwand der Synagoge verdeckte. ... Links und rechts vom Vorhang stand je eine Menora. ... Innerhalb der Balustrade, zu der in der Mitte zwei oder drei Stufen emporführten, befand sich auch das Vorlesepult. ... Von der Decke der Synagoge hing ein großer Leuchter herab. An der Ostwand gab es noch je ein größeres Fenster rechts und links von den beiden Leuchtern. ...”
Zur Kultusgemeinde Offenbach zählten auch die Juden aus Grumbach und Niedereisenbach.
Aus der Synagogenordnung:
(Abb. aus: Gemeindearchiv)
Seit ca. 1830 gab es in Offenbach eine jüdische Elementarschule; der von der Kultusgemeinde angestellte Lehrer war auch für die religiösen Belange der Gemeinde zuständig.
Stellenangebot aus: „Allgemeine Zeitung des Judentums“ vom 2.Jan. 1862
Der Versuch seitens des Trierer Oberrabbiners Kahn, die hiesige Elementarschule in eine Privatschule umzuwandeln, schien misslungen gewesen zu sein.
Auf dem um 1600 angelegten jüdischen Friedhof an der Gemarkung „Auf’m Halsloch“ wurden bis Ende des 19.Jahrhunderts auch die verstorbenen Juden der umliegenden Orte beerdigt. 1887 wurde ein etwas näher am Ort gelegenes Begräbnisgelände eingeweiht. Darüber berichtete die "Allgemeine Zeitung des Judentums" in ihrer Ausgabe am 13.Oktober 1887 wie folgt:
„ ... Die hiesige Gemeinde feierte heute (Anm.: 25. Sept.1887) einen in ihrer Geschichte höchst denkwürdigen Tag, nämlich die Einweihung ihres neuen Friedhofes. Nachdem der alte Gottesacker, ein äußerst schwer zugänglicher, auf steiler Anhöhe gelegener Platz, an dem auch noch zwei andere in der Nähe gelegene Gemeinden participiren, bereits von Gräbern angefüllt war, trug sich seit langer Zeit die Vertretung der Gemeinde und vor allem unser um das Gemeindewohl hoch verdienter ehemaliger Vorstand, Herr Trifurth*, u.A. mit dem ernsten Gedanken an eine Neuerwerbung eines zweckentsprechenden Platzes für den zu errichtenden Friedhof. Leider daß gerade er, der für diesen schön gelegenen und außerordentlich geeigneten Platz alles aufgeboten, als der Erste dort ruhen muß! Kaum waren die Umfassungsmauern zu dem neuen Friedhofe fertig gestellt und alles andere, was den Platz als solchen markirt, - da entschlief derjenige, der ihn als sein geistiges Werk bezeichnen konnte. Die Gemeinde und die Angehörigen des Verblichenen beriefen darum den bez. Rath Dr. Landibays** aus Kaiserslautern, um dem Hochverdienten die letzte Ehre zu erweisen und zugleich auchden neuen Gottesacker zu weihen. Ein unendlich langer Zug, bestehend aus allen Confessionen und Klassen der Bevölkerung, auch aus der Umgegend, folgten dem Condukt. Auf dem neuen Platze angelangt, recitirte der hiesige Lehrer, Herr Klein***, mehrere Psalmen und sprach ein deutsches Gebet, worauf Herr Dr. Landibay** in einer alle Anwesenden tief ergreifenden Grabrede die Verdienste des Verklärten und Familie und Gemeinde hervorhob und dann in passender Weise die Weihe über den neuen Friedhof aussprach. Der treffliche Redner dankte auch der politischen Gemeinde für die Theilnahme derselben an der Errichtung des neuen Friedhofes durch eine entsprechende Subvention und übergab denselben dem Schutze des Publikums als einen heiligen Platz, der niemals durch Entehrung oder Beschimpfung zu leiden haben möge. … Der Gemeinde, die trotz ihrer nicht bedeutenden Mitgliederzahl große Opfer gebracht, um eine selbständige Ruhestätte ihren lieben Heimgegangenen zu bereiten, alle Anerkennung!"
Anm.: Die Namen müssen richtig heißen: * Triefuß **Bez. Rabbiner Landsberg *** Stein
Die Kultusgemeinde Offenbach/Glan gehörte zum Bezirksrabbinat Trier; im 18.Jahrhundert war Kreuznach für die Gemeinde zuständig gewesen.
Juden in Offenbach (Glan):
--- um 1800 ..................... ca. 100 Juden,
--- um 1810 ......................... 55 “ ,
--- 1843/48 ......................... 106 “ ,
--- 1875 ............................ 99 “ ,
--- 1900 ............................ 32 “ ,
--- um 1915 ......................... 7 jüdische Familien,
--- 1928 ............................ 31 Juden,
--- 1930/31 ......................... 33 “ (in 8 Familien),
--- 1938 (Nov.) ..................... 9 “ ,
--- 1942 ............................ ? “ .
Angaben aus: Gerhard Voß, Die jüdischen Bürger von Offenbach a. Glan, in: "Westricher Heimatblätter", Jg. 24, No. 4/1993
In der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts arbeiteten die Offenbacher Juden fast ausschließlich als "Handelsmänner"; sie handelten mit Vieh und landwirtschaftlichen Produkten; teilweise waren sie auch als Makler tätig. Ab ca. 1850 wanderten Juden vermehrt aus Offenbach ab. Zu Beginn der 1930er Jahre lebten in Offenbach noch acht jüdische Familien.
1936 wurde das Synagogengebäude an die Kommune veräußert, da wegen des fehlenden Minjan keine Gottesdienste mehr abgehalten werden konnten. Deshalb überstand das Offenbacher Synagogengebäude auch den Novemberpogrom von 1938 auch unbeschadet.
Über die Novembertage des Jahres 1938 berichtet die Offenbacher Chronik:
“ ... Das in Offenbach vertretene Judentum erhielt eine gründliche Abfuhr ! Ein großer Entrüstungssturm ging durch die deutschen Lande. ... Das deutsche Volk antwortete. Auch das hier in Offenbach vertretene Hebräertum hat das Geschick ereilt. Die Judenfamilien Roos Leo, Roos Alfred und Heymann haben die Quittung erhalten. Die Männer dieser Verbrechergilde wurden in Schutzhaft genommen. Ihre Wohnungen hat man demoliert. Endlich ... Es kam der Tag der Rache !”
Den meisten damals noch am Orte wohnenden Juden gelang es, rechtzeitig zu emigrieren.
Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." wurden 15 gebürtige bzw. länger am Ort lebende jüdische Bewohner Opfer der Shoa (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/offenbach_glan_synagoge.htm).
1955 wurde das ehemalige Synagogengebäude - es war zwischenzeitlich als Schreiner-Werkstatt genutzt worden - abgerissen; an seinem Standort errichtete die Kommune ein Gemeindehaus.
Das alte, nordwestlich des Ortes an einem Hang liegende ca. 2.300 m² große jüdische Friedhofsgelände, das mit einer Mauer umgeben ist, weist heute noch über das gesamte Gelände verstreut stehende Grabsteine bzw. -fragmente auf, die erhebliche Verwitterungsspuren aufweisen bzw. schon teilweise im Erdreich versunken sind.
stark beschädigte Grabmale des alten Friedhofs (Aufn. Otmar Frühauf, 2011 )
Eingangspforte zum neuen Friedhof und Teilansicht (Aufn. Otmar Frühauf, 2011)
Weitere Informationen:
Willy Franz, Menschen unserer Heimat. Juden an der Nahe, im Westrich und am Glan, in: "Heimatkalender des Landeskreises Birkenfeld 1966", S. 99
Stephan M. Probst, Zur Geschichte der Juden im Landkreis Kusel, in: "Westrichkalender 1988", S. 72 - 75
Gerhard Voß, Die jüdischen Bürger von Offenbach am Glan, in: "Westricher Heimatblätter", Jg. 24, No. 4/1993, S. 156 - 231
Udo Stemler-Schillo, Der alte jüdische Friedhof in Offenbach am Glan, in: "Westricher Heimatblätter", Jg. 26, No. 3/1995
Gerhard Voss, Die jüdischen Bürger von Offenbach am Glan, aus: Internetseite der Kirchengemeinden Niedereisenbach, Offenbach/Glan und Wiesweiler (online abrufbar unter: ekir.de/offenbach)
Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels “. Synagogen. Rheinland-Pfalz Saarland, Hrg. Landesamt für Denkmalpflege, Mainz 2005, S. 304/305
Otmar Weber, Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südwestpfalz, Hrg. Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Pfalz (Landau), Dahn 2005, S. 133
Offenbach a. Glan, in: alemannia-judaica.de (mit Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie und zahlreichen Aufnahmen von beiden Friedhöfen)