Ohsen-Grohnde (Niedersachsen)

Datei:Emmerthal in HM.svg Die Kommunalgemeinde Emmerthal – im Landkreis Hameln-Pyrmont - wurde 1973 aus den folgenden 17, bis dato selbstständigen Gemeinden gebildet: Flecken Grohnde, den Gemeinden Amelgatzen, Bessinghausen, Börry, Brockensen, Emmern, Esperde, Frenke, Hämelschenburg, Hagenohsen, Hajen, Kirchohsen, Latferde, Lüntorf, Ohr, Voremberg und Welsede (Kartenskizze 'Landkreis Hameln-Pyrmont', Hagar 2009, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

       Gronde (Merian).jpg Grohnde/Weser (Abb. aus: wikipedia.org, gemeinfrei)

 

Jüdische Bewohner im Amt Grohnde und im alten Amt Ohsen sind erstmals Ende des 17.Jahrhunderts nachweisbar. Die Synagogengemeinde umfasste ab 1842 zahlreiche Ortschaften der Umgebung, so Börry, Emmern, Esperde, Grohnde, Hämelschenburg, Hajen, Hastenbeck und Tündern. Einige Orte, z.B. Grohnde und Börry, bildeten anfänglich jeweils eigene Gemeinden mit entsprechenden gemeindlichen Einrichtungen. Nach dem Zusammenschluss zählte die neue Gemeinde um 1850 etwa 100 Angehörige, die zumeist als Kleinhändler und Metzger ihren kargen Lebensunterhalt verdienten. Die Gemeinde hatte bis 1852 ihren Sitz in Ohsen und wurde dann nach nach Grohnde verlegt; der hier geplante Neubau einer Synagoge kam wegen fehlender Finanzmittel und Querelen zwischen den jüdischen Familien der kleinen Dörfer nicht zustande.

Auch eine jüdische Schule in Grohnde, die von allen Kindern des Gemeindebezirks besucht werden sollte, konnte wegen der großen Entfernungen zwischen den Dörfern nicht eingerichtet werden; so griff man auf Wanderlehrer zurück, die den Kindern Religions- und Hebräischunterricht erteilten. Da eine regelmäßige angemessene Bezahlung der Lehrer nicht gesichert war, blieb die Lehrerstelle oft lange Zeit unbesetzt.

In den Dörfern des alten Amtes Grohne, in den jüdische Familien lebten, gab es jeweils auch einen eigenen Friedhof. In Börry wird der Friedhof erstmals 1818 erwähnt.

Über die Friedhöfe in Grohnde, Hajen und Esperde existieren keine näheren Angaben. In Esperde soll die evangelische Kirche das Friedhofsgrundstück den jüdischen Einwohnern ohne Eigentumswechsel zur Verfügung gestellt haben.

Juden in Ohsen-Grohnde:

    --- 1722 ...........................   2 Familien,*        *   Amt Grohnde

    --- 1821 ...........................  35 Juden,**          ** Grohnde und Ohsen

    --- 1848 ...........................  15 Familien,***      *** Synagogengemeinde

    --- 1871 ....................... ca.  70 Juden,***

    --- 1895 ....................... ca.  40   “  ,***

    --- 1905 ....................... ca.  30   “  ,***

    --- 1933 ....................... ca.  10   “  .***

Angaben aus: Bernhard Gelderblom (Bearb.), Ohsen-Grohnde, in: H. Obenaus (Hrg.), Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen ..., Bd. 2, S. 1162

 

Ab den 1870er Jahren wanderten kontinuierlich jüdische Familien aus den Dörfern ab; drei Jahrzehnte später lebten fast keine Juden mehr in der Region. Deshalb schloss sich 1910 der verbliebene Rest der Gemeindeangehörigen der Synagogengemeinde Hameln an. 1913 verließ die letzte jüdische Familie das Dorf Grohnde, nachdem Jahre zuvor ihr Getreide- und Landhandel Konkurs angemeldet hatte. Während der NS-Zeit lebten in den Dörfern nur vereinzelt Juden, die meist alleinstehend und verarmt waren. Die kleinen jüdischen Dorffriedhöfe wurden damals geschändet bzw. zerstört.

Heute erinnern nur Relikte an die Begräbnisstätten, so z.B. in Grohnde, wo 2003 einige Steine wieder aufgerichtet wurden, und in Tündern.

Friedhof in Grohnde (Aufn. A. Hindemith, 2016, in: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

Friedhof in Tündern (Aufn. A. Hindemith, 2016, in: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

Im Jahre 2005 hat die Verbandsgemeinde Emmerthal auf dem ehemaligen jüdischen Friedhof in Kirchohsen eine Tafel aufgestellt, die an die Historie des Friedhofs und an die Menschen mosaischen Glaubens erinnert, die in den Dörfern in und um Kirchohsen gelebt haben.

Der Text der (inzwischen etwas abgeänderten) Inschrift lautet: An diesem Platz befindet sich der jüdische Friedhof für die Ortschaften Kirchohsen, Hagenohsen und Emmern. In den alten Akten wurde der Friedhof zum ersten Male im Jahre 1824 erwähnt. Nach Auskunft von Zeitzeugen fand die letzte Beerdigung um 1936 statt: Der alte Kaufmann Weitzenkorn wurde unter großer Beteiligung der Bevölkerung bestattet. Im Jahre 1938 zerstörten die Nationalsozialisten den Friedhof mit seinen Grabsteinen und beseitigten ihn. Dieser Friedhof ist das letzte Zeugnis des reichen, über 250 Jahre andauernden jüdischen Lebens in Emmerthal. Lange Zeit lebten hier sechs jüdische Familien. In Kirchohsen hatten sie ihre Synagoge. 1937/38, in der Zeit des Nationalsozialismus, mussten mit den Familien Weitzenkorn und Philipp die letzten Bürger jüdischen Glaubens den Ort verlassen. Nach jüdischem Religionsverständnis darf die Ruhe der Toten auf ewig nicht gestört werden."

Jüdischer Friedhof Kirchohsen Seitenansicht Bank.jpgJüdischer Friedhof Kirchohsen Gedenktafel.jpg

Ehem. jüdisches Friedhofsgelände und Gedenktafel (Aufn. A.Hindemith, 2016, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)

 

 

In Börry – heute Ortsteil der Kommune Emmerthal/Landkreis Hameln-Pyrmont – befindet sich etwas außerhalb der Ortschaft der jüdische Friedhof, dessen Anlage vermutlich zu Beginn des 19.Jahrhunderts erfolgt ist (1818 erstmals erwähnt). Auf dem ca. 400 m² großen Areal fanden nur wenige Beerdigungen statt. 1938 wurden die Grabstätten z.g.T. zerstört; heute findet man hier nur noch drei Grabsteine.

Jüdischer Friedhof in Börry (Aufn. A.Hindemith, 2016, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

 

 

 

Im südlich von Hameln gelegenen Hämelschenburg – heute Ortsteil von Emmerthal – befinden sich am Dorfrand Relikte eines aus dem 18.Jahrhundert stammenden jüdischen Friedhofs; dessen Belegung erfolgte bis gegen Ende des 19.Jahrhunderts. Das völlig verwahrloste kleine Begräbnisareal (ca. 150 m²) mit seinen beiden noch verbliebenen Grabsteinen soll wieder aus der Vergessenheit geholt werden.

Die sehr wenigen jüdischen Dorfbewohner von Hämelschenburg – die ersten sind um 1690 bezeugt – hatten noch vor 1900 ihr Heimatdorf verlassen.

Friedhofsareal Hämelschenburg (Aufn. A.,2016, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

 

 

 

Weitere Informationen:

Hans Berner, Das Amt Grohnde, Göttingen 1952

Hans Berner, Das Amt Ohsen, Göttingen 1954

Bernhard Gelderblom (Bearb.), Ohsen-Grohnde, in: Herbert Obenaus (Hrg.), Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen, Wallstein-Verlag, Göttingen 2005, Band 2, S. 1162 – 1172

Bernhard Gelderblom, Die jüdische Gemeinde in Grohnde-Ohsen, in: Zur Geschichte der Juden in Hameln und in der Umgebung, Hameln 2007 (online abrufbar)

Jüdischer Friedhof Hämelschenburg, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Jüdischer_Friedhof_(Hämelschenburg)

N.N. (Red.) Jüdischer Friedhof erhält seine Würde zurück. Restaurierte Grabsteine in Hämelschenburg aufgestellt, in: “DEWEZET - Deister-Weser-Zeitung“ vom 15.3.2019