Neustadt a.d.Waag/Nové Mesto nad Váhom (Slowakei)
Neustadt a.d.Waag ist das südwestlich von Trentschin (Trencin) liegende slowakische Nové Mesto nad Váhom (ung. Vagujhely) mit derzeit ca. 20.000 Einwohnern.
Eine der ältesten und wichtigsten jüdischen Gemeinden, die sich auf dem Boden der Slowakei im späten Mittelalter etabliert hatten, war die in Neustadt a.d. Waag. Mitte des 14.Jahrhunderts sollen in der Stadt ca. zehn jüdische Familien gelebt haben; ihre Vertreibung erfolgte im Jahr 1514.
Die neuzeitliche Gemeinde gründete sich aus jüdischen Flüchtlingen aus dem mährischen Ungarisch-Brod, die den Massakern von 1680 - angerichtet von ungarischen Reiterscharen - entkommen waren, und aus weiteren Familien, die in den Jahren 1720/1730 ihre Wohnsitze in Mähren auf Grund antijüdischer Ausschreitungen verlassen hatten.
Synagoge Nové Mesto nad Váhom (Abb. aus: pinterest.de bzw. aus: nove-mesto.sk/historia)
Erster Rabbiner der jüdischen Gemeinde in in Neustadt war Moses Hamburger, der Mitte des 18.Jahrhunderts hier amtierte. In den 1780er Jahren wurden ein neues Synagogengebäude eingeweiht und eine Talmud-Thora-Schule eingerichtet. Etwa zeitgleich öffnete eine jüdische Schule ihre Pforten, die neben Religions- auch Elementarunterricht (in deutscher Sprache) erteilte – eine der ersten überhaupt in der Slowakei.
Juden in Neustadt a.d.Waag/ Nové Mesto nad Váhom:
--- 1690 .......................... 11 jüdische Familien,
--- 1735 ...................... ca. 370 Juden,
--- 1787 ...................... ca. 1.100 “ ,* * andere Angabe: 2.300 Pers.
--- 1828 ...................... ca. 2.500 “ ,
--- um 1850/60 ................ ca. 1.500 “ ,
--- 1880 ...................... ca. 1.800 “ ,
--- 1910 ...................... ca. 1.500 “ ,
--- 1921 ......................... 1.553 “ ,
--- 1930 ...................... ca. 1.600 “ ,
--- 1938 ...................... ca. 1.500 “ ,
--- 1942 (Jan.) ............... ca. 2.200 “ ,
--- 1944 ...................... ca. 700 “ ,
--- 1947 ...................... ca. 270 “ ,
--- 1965 ...................... ca. 25 “ .
Angaben aus: The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 2), S. 902
und Nové Mesto nad Váhom, aus: dbs.bh.org.il/place/nove-mesto-nad-vahom
Infolge wirtschaftlichen Niedergangs hatten Anfang der 1840er Jahre zahlreiche Familien Neustadt verlassen. Die etwa 1.500 verbliebenen Bewohner mussten in den revolutionären Osterunruhen 1848 miterleben, wie ein aus Tausenden bestehender Mob in ihre Geschäfte und Wohnungen eindrang und schwerste Verwüstungen anrichtete.
Ein Großbrand des Jahres 1856 führte die hiesigen Juden an den Rand einer Katastrophe, als die meisten Häuser und die beiden Synagogen vernichtet wurden. Doch allmählich erholte sich die Gemeinde wieder und konnte bereits Jahre später ihre neue Synagoge einweihen; auch eine weiterführende jüdische Schule war nun vorhanden, die auf Initiative des RabbinerJoseph Weisze (1855–1897) zustande kam. Während dieser Zeit (um 1860) gründete man auch eine jüdische Mädchen-Schule, die bis 1919 bestanden hat.
Im Wirtschaftsleben der Stadt spielten jüdische Familien im ausgehenden 19./beginnenden 20.Jahrhundert mit ihren zahlreichen Geschäften und Industrieunternehmen eine herausragende Rolle.
Nach Ende des Ersten Weltkrieges spalteten sich ca. 40 orthodoxe Familien von der Gemeinde ab und gründeten eine eigene Religionsgemeinschaft, die dann auch ihre eigene Synagoge besaß und über entsprechende gemeindliche Einrichtungen verfügte. Anfang der 1930er Jahre näherten sich die beiden konkurrierenden Gemeinden wieder an.
Nach dem Ersten Weltkrieg erreichten pogromartige Ausschreitungen die Stadt; mit Hilfe ungarischen Militärs konnten sich die Juden gegen die von Nationalisten und katholischen Kreisen getragenen getragenen Gewalttätigkeiten zur Wehr setzen.
Angehörige der jüdischen Partei spielten in den 1920/1930er Jahren im Leben der Kommune eine wichtige Rolle, indem sie öffentliche Ämter bekleideten.
In dieser Zeit spielte die zionistische Bewegung eine immer größere Rolle, die vor allem die jüdische Jugend für sich einnahm.
Mit der slowakischen faschistischen Staatsgründung begann auch in Neustadt die Entrechtung und Verfolgung seiner vielen jüdischen Bewohner.
Zusammen mit mehr als 700 Juden aus Preßburg/Bratislava, die kurz zuvor hierher „umgesiedelt“ worden waren, wurden im März/April 1942 die ersten Deportationstransporte zusammengestellt, die Auschwitz, Majdanek und andere Lager (auf polnischem Boden) zum Ziele hatten. Mehr als die Hälfte der jüdischen Stadtbevölkerung war von den Verschleppungen betroffen.
Die Synagoge wurde zerstört.
Nach den Deportationen des Jahres 1942 blieben nur einige hundert jüdische Arbeitskräfte zurück; diese wurden dann zumeist von den deutschen Besatzungsbehörden im Herbst 1944 nach Auschwitz-Birkenau deportiert.
Nach Kriegsende kehrten jüdische Überlebende in die Stadt zurück; 1947 waren es ca. 270 Personen; doch mit der Emigration nach Palästina/Israel schrumpfte deren Personenzahl erheblich, so dass in den 1960er Jahren nur noch eine Handvoll Juden hier lebte.
Aus Neustadt a.d.Waag stammte der Rabbiner Adolf Salvendi (geb. 1837), der nach seinem Studium an den Universitäten Breslau und Jena mit seiner Promotion abschloss. Nach kurzzeitiger Tätigkeit im westpreußischen Berent nahm Dr. Salvendi im Jahre 1866 das Amt des Bezirksrabbiners des Bezirksrabbinats Dürkheim-Frankenthal (mit Sitz Dürkheim) an und hatte dieses bis 1909 inne. Er galt es Verfechter des orthodoxen Judentums; auch unterstützte er Bestrebungen zionistischer Vereinigungen. Nach mehr als vierzigjähriger Rabbinertätigkeit ging er 1909 in den Ruhestand; 1914 verstarb Dr. Salvendi in Karlsruhe.
Im westslowakischen Bošáca (ung. Bosac) - in der Region Neustadt a.d. Waag/Nove Mesto nad Váhom nahe der Grenze zu Tschechien - waren Juden seit dem späten 17.Jahrhundert ansässig.
Gegen Ende des 19.Jahrhundert ließ die Gemeinde ein neues Synagogengebäude errichten.
Juden in Bošáca:
--- 1845 ......................... 311 Juden,
--- 1880 ......................... 283 “ ,
--- 1940 ......................... 44 “ .
Angaben aus: The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 1), S. 176
Während der Unruhen des Jahres 1848 wurden in Bošáca Geschäfte und Wohnungen der jüdischen Bevölkerungsminderheit verwüstet.
Ihren Lebenserwerb bestritten die meisten Juden durch Handel und Landwirtschaft.
Mit der 1940 erfolgten „Arisierung“ verloren die nur noch wenigen jüdischen Bewohner ihre Lebensgrundlage. Im Frühjahr 1942 erfolgte deren Deportation.
Nur ein von der Vegetation überwuchertes Friedhofsgelände - die meisten Grabsteine sind entfernt und zweckentfremdet worden - erinnert heute noch an einstige jüdische Ansässigkeit.
Weitere Informationen:
The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust, New York University Press, Washington Square, New York 2001, Vol. 1, S. 176 (Bošáca) und Vol. 2, S. 902 (Neustadt/Waag)
Maros Borský, Synagogue Architecture in Slovakia towards creating a memorial landscape of lost community, Dissertation (Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg), 2005, S. 189
Jewish Families from Nove Mesto nad Vahom (Slovakia), online abrufbar unter: geni.com/projects/Jewish-Families-from-Nove-Mesto-nad-Vahom-Slovakia
The Jewish community of Nové Mesto nad Váhom (Neustadt a.d.Waag), Hrg. Beit Hatfutsot – The Museum of the Jewish People, online anrufbar unter: dbs.bh.org.il/place/nove-mesto-nad-vahom