Rügenwalde (Hinterpommern)
Das hinterpommersche Rügenwalde ist die heutige polnische Kleinstadt Darłowo mit derzeit ca. 14.000 Einwohnern nordöstlich von Köslin/Koszalin (Abb. Ausschnitt aus hist. Karte von 1905, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Kartenskizze 'Polen' mit Darłowo rot markiert, Y. 2006, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).
Rügenwalde um 1620 (Abb. aus: wikipedia.org, PD-alt)
Das nahe der Ostseeküste, nordwestlich von Schlawe gelegene Rügenwalde (poln. Darlowo/ Woiwodschaft Koszalin, derzeit ca. 13.500 Einw.) besaß eine kleine jüdische Gemeinde, deren Wurzeln im beginnenden 18.Jahrhundert liegen. Der erste mit einem Privileg ausgestattete Jude war Gottschalk Wulff. Zu den gemeindlichen Einrichtungen zählten ein Friedhofsgelände, das nach 1800 ca. drei Kilometer südlich Rügenwaldes am Ortseingang von Rußhagen (poln. Rusko) angelegt worden war, und eine um 1830/1840 erbaute Synagoge in der Großen Mühlenstraße, die später baulich noch eine Erweiterung erfuhr.
Juden in Rügenwalde:
--- 1752 ......................... 5 jüdische Familien,
--- 1782 ......................... 22 Juden,
--- 1812 ......................... 33 “ ,
--- 1831 ......................... 43 “ ,
--- 1843 ......................... 51 " ,
......................... 67 “ ,* * gesamte Gemeinde
--- 1852 ......................... 40 " ,
......................... 84 “ ,*
--- 1861 ......................... 68 " ,
......................... 117 “ ,*
--- 1885 ......................... 85 " ,
......................... 98 “ ,*
--- 1909 ..................... ca. 50 " ,
......................... 80 “ ,*
--- 1925 ......................... 42 " ,
--- 1933 ......................... 23 " ,
--- 1939 ......................... 12 " .
Angaben aus: Wolfgang Wilhelmus, Geschichte der Juden in Pommern (Statistik S. 252)
und Darlowo, aus: sztetl.org.pl
Rügenwalde/Wipper - Postkarte um 1900 (aus: wikipedia.org, gemeinfrei)
Einflussreicher jüdischer Unternehmer in Rügenwalde war Selig Borchardt, der hier um 1850 eine bedeutende Getreidehandelsfirma gegründet hatte (ab 1900 in den Händen der Gebrüder Adolf u. Albert Rubensohn). Die beiden Kaufleute Leopold Cohn und Emil Dallmann waren in der Kommunalpolitik tätig.
Nach der Jahrhundertwende ging die Zahl der in Rügenwalde lebenden jüdischen Bewohner stark zurück. Als Anfang der 1930er Jahre nur noch etwa 35 Juden hier lebten*, gab man alsbald das Synagogengebäude auf; auch die Gemeinde bestand bald nicht mehr.
* Angaben der Familien bzw. Einzelpersonen siehe: Die jüdische Glaubensgemeinde in Rügenwalde, in: ruegenwalde.com/juedische_gemeinde.htm
Während des Novemberpogroms sollte auch hier das Synagogengebäude abgefackelt werden, doch ein Schild mit der Aufschrift „Arisches Eigentum“ hielt die Täter von ihrem Vorhaben ab.
1939 lebten in Rügenwalde noch zwölf Bewohner mosaischen Glaubens, deren weiteres Schicksal unbekannt ist.
Grabsteine von Verstorbenen verschiedener Konfessionen sind heute in einer Art Lapidarium an der Mauer der katholischen St. Marienkirche aufgestellt.
Weitere Informationen:
Carlheinz Rosenow, Die jüdische Glaubensgemeinde in Rügenwalde, in: Chronik der Hansestadt Rügenwalde in Pommern, o.O. 1980
M.Heitmann/J.H.Schoeps (Hrg.), “Halte fern dem ganzen Land jedes Verderben ...”. Geschichte und Kultur der Juden in Pommern, Georg Olms Verlag, Hildesheim/Zürich 1995, S. 65/66
The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 2), New York University Press, Washington Square, New York 2001, S. 1104/1105 und S. 1147
Wolfgang Wilhelmus, Geschichte der Juden in Pommern, Ingo Koch Verlag, Rostock 2004
Gerhard Salinger, Die einstigen jüdischen Gemeinden Pommerns. Zur Erinnerung und zum Gedenken, New York 2006, Teilband 3, Teil III, S. 672 – 688 (Rügenwalde) und S. 719 – 733 (Schlawe)
Slawno und Darlowo, in: sztetl.org.pl
Darlowo, in: kirkuty.xip.pl