Sembach (Rheinland-Pfalz)
Sembach ist heute ein Teil der Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn - ca. 15 Kilometer nordöstlich der Kreisstadt Kaiserslautern gelegen (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905 ohne Eintrag von Sembach, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Kartenskizze 'Landkreis Kaiserslauterm', aus: ortsdienst.de/rheinland-pfalz/landkreis-kaiserslautern).
Ihren zahlenmäßigen Zenit erreichte die israelitische Gemeinde von Sembach in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts.
Einen ersten Hinweis auf Ansiedlung von einigen jüdischen Familien in Sembach findet sich in einem Renovationsprotokoll der Schultheißerei Sembach aus dem Jahre 1725; doch haben hier vermutlich bereits in den Jahrzehnten zuvor Juden gelebt.
Als Handelspartner der Bauern von Sembach und Umgebung waren die hier lebenden Juden für die hiesige Wirtschaft wichtig. Als Handelsmänner waren sie vor allem auf den An- und Verkauf von Rindvieh, Häuten und Fellen spezialisiert, weniger mit der Vermarktung von Feldfrüchten. Da sie wegen des Sabbats des öfteren auch an Sonn- und christlichen Feiertagen Handel trieben, nahm ein Teil der Dorfbewohner Anstoß daran. Deshalb erließen die Wartenberger Grafen einige Verordnungen, die es den Juden verboten, vor Ende des Nachmittagsgottesdienstes ihre Häuser zu verlassen und ihren Geschäften nachzugehen.
Bis etwa 1790 suchten die in Sembach lebenden Juden die Gottesdienste in der Synagoge von Münchweiler/Alsenz auf. Im Jahre 1813 erwarb der nach Sembach zugezogene Metzger Loew Baruch das ehemalige lutherische Schulhaus in der Eckgasse, in dem nun ein Betraum und eine Mikwe eingerichtet wurden.
Seit den 1820er Jahren verfügte die hiesige Judenschaft über eine eigene Elementarschule, die bis 1869 bestand. Mehr als ein Vierteljahrhundert war hier Marcus Goldnammer (Vorbeter der Gemeinde) als Lehrer tätig. Im Jahre seiner Pensionierung schloss auch die Schule ihre Pforten; danach besuchten die jüdischen Kinder die örtliche Volksschule.
Verstorbene Gemeindeangehörige wurden auf dem Friedhof in Mehlingen beerdigt.
jüdischer Friedhof in Mehlingen (Aufn. E.Haseler, 2011, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)
Die Gemeinde unterstand dem Bezirksrabbinat von Kaiserslautern.
Juden in Sembach:
--- um 1725 ........................ 3 jüdische Familien,
--- 1804 ........................... 111 Juden (ca. 21% d. Bevölk.),
--- 1813 ........................... 120 “ ,
--- 1830 ........................... 156 “ (in 24 Familien, ca. 19% der Bevölk.),
--- 1853 ........................... 135 “ ,
--- 1866 ........................... 69 “ (in 20 Familien),
--- 1875 ........................... 37 “ ,
--- 1900 ........................... 21 “ ,
--- 1910 ........................... 9 “ .
Angaben aus: Lothar Horter/Michael Tilly, Mahnende Zeugen der Vergangenheit, S. 94
Bis gegen Mitte des 19. Jahrhunderts bestritten die Juden Sembachs ihren Lebensunterhalt überwiegend vom Vieh-, Spezerei- und Kleinhandel sowie vom Sammeln von Alteisen und Lumpen; Anfang der 1830er Jahre wurden 24 jüdische Handelsmänner und Makler im Dorf gezählt. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts kam der Handel mit Landesprodukten hinzu; außerdem entstanden nun auch einige Ladengeschäfte.
Als die Zahl der jüdischen Bewohner in der Region ab den 1850er Jahren deutlich wegen Aus- und Abwanderung zurückging, schlossen sich die verbliebenen, meist älteren Gemeindeangehörigen aus Mehlingen und Enkenbach mit denen aus Sembach zu einer einzigen israelitischen Gemeinde – mit Sitz in Sembach - zusammen. Als Gottesdienste in Sembach wegen des fehlenden Minjan nicht mehr abgehalten werden konnten, war das Rabbinat Kaiserslautern für die wenigen verbliebenen Juden zuständig.
Nur wenige jüdische Familien lebten zu Beginn der NS-Herrschaft noch im Dorf. Während des Novemberpogroms von 1938 wurde das einzige in jüdischem Besitz befindliche Wohn- und Geschäftshaus (Textilhandlung Simon Mann, Marktstraße) von SA-Männern aus Rockenhausen demoliert.
Einigen Sembacher Juden gelang es zu emigrieren; Ziel war zumeist die USA.
Mindestens zwei jüdische Bewohner Sembachs wurden Ende Oktober 1940 nach Gurs deportiert.
Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des „Gedenkbuches – Opfer der Verfolgung der Juden ...“ sind insgesamt acht aus Sembach stammende jüdische Bewohner Opfer der "Endlösung" geworden (namentliche Nennung der betreffenden Personen siehe: alemannia-judaica.de/sembach_synagoge.htm).
Das ehemalige Synagogengebäude - es war bereits vor 1933 profaniert worden - blieb baulich bis heute erhalten und dient Wohnzwecken.
[vgl. Mehlingen (Rheinland-Pfalz)]
Weitere Informationen:
Jakob Herzog, Ortschronik von Sembach, (Manuskript, o.J.)
Thomas Schwertfeger, Ortschronik Sembach, 1994 (online abrufbar unter: enkenbach-alsenborn.de)
Lothar Horter/Michael Tilly, Mahnende Zeugen der Vergangenheit, Hrg. Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn, 1998
Sembach mit Enkenbach, in: alemannia-judaica.de
Otmar Weber, Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südwestpfalz, Hrg. Gesellschaft für Christlich-jüdische Zusammenarbeit Pfalz (Landau), Dahn 2005, S. 146/147
Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), "...und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland, hrg. vom Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt des Saarlandes, Mainz 2005. S. 342
Synagogen in der Pfalz: Sembach, online abrufbar unter: christen-und-juden.de