Steinau/Oder (Schlesien)

Datei:Legnica Mapa.PNG Das niederschlesische Steinau/Oder - im ehemaligen Kreis Liegnitz gelegen - ist die heutige polnische Kleinstadt Ścinawa Mała mit derzeit ca. 5.500 Einwohnern ca. 65 Kilometer nordwestlich von Breslau/Wrocław bzw. nordöstlich von Liegnitz/Legnica gelegen (Ausschnitt aus hist. Karte, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Kartenskizze Polen mit Ścinawa Mała/Legnica rot markiert, D. 2006, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Eine mittelalterliche Judengemeinde ist in Steinau nicht nachweisbar. Erst in den 1770er Jahren ließ sich in der Kleinstadt die erste jüdische Familie nieder; es war die des Tabakfabrikanten Borchard Loeser, der über ein Generalprivileg für Schlesien verfügte. Nach 1815 bildete sich in Steinau eine kleine Gemeinde, die wegen der geringen Zahl der ihr angehörenden Familien zunächst jahrzehntelang dem Wohlauer Synagogenbezirk angeschlossen war und erst 1887 selbstständig wurde. Zu den Gemeindeeinrichtungen zählten ein 1842 angelegter Friedhof (an der Chaussee nach Kreischau) und ein in der Nähe des Marktes liegendes, 1862 eingerichtetes Synagogengebäude (vermutlich nach einem Umbau eines Wohnhauses), das ein aus dem Jahre 1829 stammendes Bethaus ersetzte. 

                   Synagoge in Steinau (hist. Aufn., um 1920, aus: wikipedia.org, gemeinfrei)*

*Möglicherweise zeigt die hist. Aufnahme das jüdische Bethaus in Winzig/Wińsko.

Nach Auflösung der Synagogengemeinde Wohlau (1906) wurden die dort verbliebenen Juden der Kultusgemeinde Steinau angeschlossen.

Die verstorbenen Juden aus Steinau waren vor 1840 auf jüdischen Friedhöfen des Umlandes bestattet worden.

Juden in Steinau/Oder:

         --- um 1810 ...................... eine jüdische Familie,

    --- um 1830 ......................  16 Juden,

    --- 1849 .........................  41   “  ,

    --- 1871 ......................... 129   “  ,

    --- 1884 ......................... 105   “  ,

    --- 1890 ......................... 110   “  ,*   * im Landkreis

    --- 1907 .........................  41   “  ,

    --- 1925 .........................  57   “  ,*

    --- 1931 .........................   7 Familien,

    --- 1937 .........................  22 Juden.

Angaben aus: Bernhard Brilling, Die jüdischen Gemeinden Mittelschlesiens - Entstehung und Geschichte, S. 183/184

ul. Głogowska, Ścinawa Glogauer Straße in Steinau/Oder (hist. Postkarte, um 1900/1910)

 

Zu Beginn der NS-Zeit lebten am Ort nur noch knapp 30 Juden; ihr weiteres Schicksal ist unbekannt; doch kann davon ausgegangen werden, dass diejenigen, denen eine Emigration nicht mehr gelang, dem Holocaust zum Opfer fielen.

Scinawa gehört heute zu den wenigen Orten in Niederschlesien, wo bis in die Gegenwart sowohl das Synagogengebäude als auch der jüdische Friedhof erhalten geblieben sind; dieser befindet sich in einem relativ guten Zustand. Auf dem Gelände befinden sich ca. 60 Grabsteine, die in mehreren Reihen aufgestellt sind; das älteste Grabmal datiert von 1863.

Ścinawa 7.jpgŚcinawa.jpg

Jüdischer Friedhof (Aufn. Izabela Marek, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0 pl)

 

 

 

Im niederschlesischen Dorf Winzig (poln. Wińsko, derzeit ca. 1.600 Einw.) - ca. 15 Kilometer nordöstlich von Steinau/Oder bzw. 20 Kilometer südwestlich von Rawitsch gelegen – lebte seit der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts eine überschaubare Zahl jüdischer Familien; um 1860 zählte die kleine Gemeinde ca. 50 Angehörige und erreichte etwa zehn Jahre später mit 68 Personen ihre maximale Zahl. Seit 1862 gab es im Dorf eine neue Synagoge (in der Junkerstraße) – eingeweiht vom Liegnitzer Rabbiner - und einen eigenen Begräbnisplatz. Das Friedhofsgelände war bereits um 1830 von den drei hier lebenden jüdischen Familien gekauft worden.

Infolge Abwanderung lebten in Winzig in den 1920er Jahren nur noch sehr wenige Familien; 1937 waren es noch zwölf Personen. Im November 1938 wurden die Synagoge und die beiden jüdischen Geschäfte zerstört.

Über das Schicksal der verbliebenen jüdischen Bewohner gibt es keine sicheren Angaben.

Der ca. 700 große, mit einer Ziegelsteinmauer umgebene Friedhof besitzt derzeit noch etliche (z.T. beschädigte) Grabsteine, die vor allem aus der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts stammen.

Aufn. aus: winsko.pl/atrakcje-turystyczne-winsko/

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Weitere Informationen:

Bernhard Brilling, Die jüdischen Gemeinden Mittelschlesiens - Entstehung und Geschichte, Verlag Kohlhammer, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz, 1972, S. 182 -184

The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust , New York University Press, Washington Square, New York 2001, Vol.3, S. 1242 (Steinau) und  S. 1448/1449 (Winzig)

Scinawa, in: sztetl.org.pl

Małgorzata Frąckowiak, Jewish cemetery in Scinawa, in: kirkuty.xip.pl

Małgorzata Frąckowiak, Winsko, in: cmentarze-zydowskie.pl/winskoang.htm

Tamara Wlodarczyk, Aus der Geschichte der Juden in der Region Liegnitz, übersetzt von Agnieszka Turaiewicz, Hrg. FUNDACJA ROJT, Warschau 2016, S. 80 - 85