Straßnitz (Mähren)

ŽENA-IN - Máte rádi folklor a tradice? Jeďte do Strážnice!Der an der Grenze zur Slowakei gelegene Ort ist das heutige tschechische Stráznice mit derzeit ca. 5.500 Einwohnern (Lageskizze).

 

Die jüdische Gemeinde von Straßnitz zählte zu den ältesten Mährens; sie erreichte gegen Mitte des 19.Jahrhunderts ihren personellen Zenit.

Seit Ende des 15.Jahrhunderts ist die Ansässigkeit jüdischer Bewohner in Straßnitz urkundlich nachweisbar; doch sollen sich bereits im 13.Jahrhundert Juden im Ort sich aufgehalten haben. In der „Mährischen Heimatkunde“ ist zu lesen: ... Die Juden haben sich in den ältesten Zeiten bald nach der Gründung der Stadt in Straßnitz ansässig gemacht, da dieser nahe der Grenze zwischen Mähren und Ungarn gelegene Ort für den Handel besonders wichtig war. Ursprünglich hatten sie ihren Sitz in der Altstadt, die noch heute ‘na Zidovském kerchove’ (‘auf dem Judenfriedhof’) heißt ... Als nach der Zerstörung der Altstadt zu Beginn der Hussitenkriege die Neustadt weiter südlich angelegt und die neue Wasserburg, das Schloß, hinter der Stadt errichtet wurde, ließen sich die Juden auch in dem Teil der Stadt nieder, welcher dem Schlosse am nächsten gelegen war, und bildeten so die neue Judengasse. ...”  (aus: Fr. Dvorsky, Vlastiveda Moravská, Brünn 1914)

Das Ghetto wurde in der Nacht durch ein Tor verschlossen. Auswärtige Juden durften sich ohne Entgeld eine Woche lang in Straßnitz aufhalten, danach wurde eine Gebühr fällig. Die zumeist vom Kleinhandel und der Metzgerei lebenden Familien durften ihre Waren nur mit Genehmigung der auf dem Schloss residierenden Herrschaft verkaufen.

In Straßnitz wirkten bedeutende Rabbiner, so in den 1650er Jahren Sabatai ben Meir ha-Kohen, genannt Schach, und in den Jahren 1794–1798 Moses Schreiber, genannt Chatam Sofer.

Die Judenschaft der Ortes erbaute um 1800 eine Synagoge im Stile des Klassizismus, die um 1870 und 1906 renoviert und umgestaltet wurde. Der Synagogeninnenraum wurde dabei mit florealen Motiven und hebräischen liturgischen Texten ausgemalt.

 Strážnice-synagoga2016f.jpg 

Synagoge (hist. Aufn. von 1932  und  Aufn. Ben Skála, 2010, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)

Auch ein Spital sowie eine Mikwe waren vorhanden. Eine private deutsch-hebräische Schule wurde 1862 eingerichtet; die Kosten ihrer Unterhaltung deckten Schul- und Stiftungsgelder.

Mitte des 17. Jahrhunderts erhielt die Gemeinde vom Grafen Magni, dem neuen italienischen Stadtbesitzer, ein Grundstück für einen neuen Friedhof geschenkt; dorthin wurden auch die Gebeine der Vorfahren und deren Grabsteine von der alten Begräbnisstätte gebracht. Die ältesten noch vorhandenen Steine stammen aus der Mitte des 15.Jahrhunderts; Grabsteine mit den ältesten noch lesbaren Inschriften datieren allerdings erst aus dem Jahr 1648.

  jüdischer Friedhof in Straßnitz (hist. Aufn., um 1905)

Juden in Straßnitz:

         --- 1669 .............................   44 jüdische Familien,

    --- um 1775 ...................... ca.   50 jüdische Haushaltungen,

    --- 1840 ......................... ca.  540 Juden (ca. 10% d. Bevölk.),

    --- 1890 .............................  406   “  ,

    --- 1900 .............................  323   “   (ca. 6% d. Bevölk.),              

    --- 1910 .............................  279   “  ,

    --- 1930 .............................  194   “  ,

    --- 1940 .............................  157   "  ,

    --- 1942 (Dez.) ......................  keine.

Angaben aus: Hugo Gold, Die Juden und Judengemeinden Mährens in Vergangenheit und Gegenwart, S. 318

 

Ihren zahlenmäßigen Höchststand erreichte die jüdische Gemeinde gegen Mitte des 19.Jahrhunderts; nach 1840/1850 nahm die Zahl ihrer Angehörigen infolge Abwanderung in die größeren Städte, vor allem nach Wien, ab. Bis 1918 war die Judengemeinde zugleich auch eine politische Gemeinde mit einem Bürgermeister an der Spitze, der auch Kultusangelegenheiten regelte.

Die deutsche Okkupation 1939 leitete das gewaltsame Ende der Straßnitzer Judengemeinde ein. Die noch hier lebenden jüdischen Bewohner wurden im Frühjahr 1942 - zusammen mit den Juden aus Brünn - in Konzentrations- und Vernichtungslager verschleppt; die allermeisten wurden dort ermordet.

 

Nur 13 Personen überlebten den Holocaust und kehrten nach Kriegsende in ihre Heimatstadt zurück. Es gründete sich hier zwar wieder eine kleine jüdische Gemeinde; doch wegen zu geringer Mitgliederzahl schloss sie sich mit der religiösen Gemeinschaft von Hodonín (Göding) zusammen, die Jahre später sich dann aber vollständig auflöste. 

Das klassizistische, inzwischen restaurierte Synagogengebäude - nun als Museum genutzt - und der unmittelbar angrenzende jüdische Friedhof legen heute Zeugnis von der früheren jüdischen Gemeinde ab; ebenfalls sind fast die Hälfte der „Judenhäuser“ - einschließlich Spital und Ritualbad - erhalten geblieben.

Strážnice-synagoga2016g.jpg Strážnice-synagoga2016e.jpg

Strážnice-synagoga-interiér2016c.jpg Strážnice-synagoga-interiér2016.jpg

Restauriertes Synagogengebäude und Details aus dem Innenraum (Aufn. Ben Skála, 2016, aus: wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)

Strážnice-židovský-hřbitov2016r.jpg    

Jüdischer Friedhof mit Synagogengebäude im Hintergrund (alle Aufn. Ben Skála, 2016, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)

Zidovsky hrbitov Straznice 05.jpgStrážnice-židovský-hřbitov2016k.jpgStrážnice-židovský-hřbitov2016l2.jpg

Anm.: Unter dem kommunistischen Regime wollte man das gesamte jüdische Viertel in Strážnice abreißen, um Platz für Wohnungsbau zu schaffen. Aus Kostengründen verzichteten die Behörden aber auf das Vorhaben. Der jüdische Friedhof wurde deshalb seinem Schicksal überlassen; so hat er bis heute seine ursprüngliche Gestalt bewahrt. Die Synagoge wurde bis Anfang der 1990er Jahre als Lagerhaus genutzt. Um die Jahrtausendwende begann man mit deren Renovierung.

Strážnice-synagoga2016c.jpg Eine kleine Gedenktafel am Synagogengebäude erinnert seit 2008 an die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung.

 

 

 

Weitere Informationen:

Majer Stein (Bearb.), Geschichte der Juden in Strassnitz, in: Hugo Gold (Hrg.), Die Juden und Judengemeinden Mährens in Vergangenheit und Gegenwart, Jüdischer Buch- und Kunstverlag, Brünn 1929, S. 517 - 522

Hugo Gold, Gedenkbuch der untergegangenen Judengemeinden Mährens, Olamenu-Verlag, Tel Aviv 1974, S. 106/107

Jiri Fiedler, Jewish Sights of Bohemia and Moravia, Prag 1991, S. 169/170

The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 3), New York University Press, Washington Square, New York 2001, S. 1251 (Strážnice)

Jewish Families of Strážnice (Strassnitz) Moravia, Czech Republic, online abrufbar unter: geni.com/projects/Jewish-Families-of-Str%25C3%25A1%25C5%25BEnice-Strassnitz-Moravia/10194

Jitka Mládková (Red.), Von der Zuwanderung zum Holocaust: Jüdische Gemeinde Strážnice 1490 – 1943, in: radio.cz vom 29.10.2016

Jitka Mládková (Red.), Zehn-Sterne-Projekt: Jüdische Synagogen und Friedhöfe saniert, in: "RADIO PRAHA" vom 28.1.2017