Treis/Mosel (Rheinland-Pfalz)

Jüdische Gemeinde - Cochem/Mosel (Rheinland-Pfalz) Datei:Verbandsgemeinden in COC.svg Treis ist heute ein Ortsteil der Doppelgemeinde Treis-Karden im Landkreis Cochem-Zell, die seit 2014 der Verbandsgemeinde Cochem angehört – etwa zehn Kilometer moselabwärts von Cochem gelegen (Kartenskizzen 'Mosel-Region', aus: kussler.net  und  'Landkreis Cochem-Zell', Hagar 2009, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Wenige Jahre vor dem Dreißigjährigen Kriege ist erstmals ein in Treis lebender Jude nachweisbar. Im Laufe des 18.Jahrhunderts bildete sich im Ort eine kleine jüdische Gemeinde, die in den ersten Jahrzehnten des 19.Jahrhunderts mit etwa 40 Angehörigen ihren Höchststand erreichte.

Gottesdienstliche Zusammenkünfte fanden lange Jahre in Privathäusern statt. Nachdem 1861 ein Brand den Betsaal vernichtet hatte, ließ die kleine Gemeinschaft 1864/1865 ein neues Synagogengebäude errichten.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2085/Treis%20Israelit%2001101862.jpg aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1.Oktober 1862

Der Bau konnte teilweise durch einen erfolgreichen Spendenaufruf finanziert werden. Über die Einweihungsfeierlichkeiten berichtete die Zeitschrift „Der Israelit" am 25. Oktober 1865:

Treis an der Mosel. ... Mit der Hilfe Gottes waren wir endlich nach vielen Jahren so glücklich: Freitag, den 18. August, Sidra Reeh, unsere Synagoge feierlichst einzuweihen. Die Feier begann mit einem schönen Zuge, an welchem sich die Beamten von hier und Karden, sowie mehrere eingeladene christliche Bürger in tolerantester Weise beteiligten. ... Der Herr Oberrabbiner war eigens zu dieser Einweihung von Bonn in Begleitung seines Sohnes hierher gekommen. Dieser junge Herr Auerbach hielt die Festrede zur vollkommenen Zufriedenheit nicht allein seiner Glaubensgenossen, sondern auch der vielen hohen Beamten und aller Zuhörer. Im Schluß an die Predigt erflehte derselbe den göttlichen Segen für den König, die Königin, den Kronprinzen und das Königliche Haus, das Vaterland, die Beamten, die israelitische Gemeinde, die edlen Spender, den Ort der edlen Geber, welche zum Bau beisteuerten, ...

Verstorbene wurden auf dem jüdischen Friedhof in Binningen bzw. in Lütz beigesetzt.

Zur Gemeinde Treis gehörten auch die wenigen in Karden lebenden Juden.

Juden in Treis:

         --- 1605 ........................... eine jüdische Familie,

    --- 1808 ...........................  29 Juden,

    --- 1822 ...........................  42   “  ,

    --- 1858 ...........................  32   “  ,

    --- 1895 ...........................  19   “  ,

    --- 1925 ...........................  15   “  ,

    --- 1933 ...........................   9   “  .

Angaben aus: Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels “, S. 364

 

Anfang der 1930er Jahre lebten nur noch sehr wenige Juden in Treis; die letzten sollen ihren Heimatort in den ersten Kriegsjahren verlassen haben; über ihr weiteres Schicksal ist wenig bekannt. Das Synagogengebäude, in dem noch bis Ende der 1920er Jahre Gottesdienste stattfanden, war vermutlich noch vor dem Novemberpogrom von 1938 verkauft worden; nach 1945 wurde das Haus abgebrochen.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." wurden 13 aus Treis stammende jüdische Bewohner (ausnahmslos Angehörige der Familie Salomon) Opfer der "Endlösung"; aus Karden fanden elf Juden einen gewaltsamen Tod (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/treis_synagoge.htm).

 

 

In Karden lebten Juden vermutlich bereits im späten Mittelalter - 1356 wird Salman von Karden genannt - sowie wiederum im 16. bzw. im 18. Jahrhundert; doch es waren stets nur einzelne, die vermutlich auch nicht über einen längeren Zeitraum in Karden ansässig waren. Erst gegen Ende des 19.Jahrhunderts wurden ca. zehn jüdische Einwohner gezählt; um 1930 waren es drei Familien.

 

 

In der auf den Moselhöhen gelegenen kleinen Ortschaft Lütz existierte eine jüdische Landgemeinde, deren Angehörige zeitweilig etwa 10% der Dorfbevölkerung stellten; um 1860 lebten hier etwa 40 Juden. Abwanderung und Überalterung ließen nach 1900 die jüdische Gemeinschaft immer kleiner werden; 1925 lebten hier nur noch sechs Juden. Die letzte in Lütz lebende jüdische Familie verließ ihr Heimatdorf noch vor Kriegsbeginn. Sieben aus Lütz stammende jüdische Bewohner (fast alle der Familie Forst zugehörig) wurden Opfer der NS-Gewaltherrschaft (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/luetz_synagoge.htm).

Ein (vermutlich) vor 1800 angelegter Friedhof ist heute einziges Relikt jüdischer Ansässigkeit in Lütz. Die innerhalb des Ortes liegende ehem. Begräbnisstätte, die ursprünglich mehr als die doppelte Fläche des heute ausgewiesenen Areals von ca. 700 m² besaß, nahm auch verstorbene Glaubensgenossen aus Treis auf.

Jüdischer Friedhof in Lütz (Aufn. Otmar Frühauf, 2010) http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20254/Luetz%20Friedhof%20414.jpg

 

 

In Brohl – einer Ortschaft wenige Kilometer nördlich von Treis-Karden gelegen – wurden 2014 in der Hohlstraße für Angehörige der beiden jüdischen Familien Gärtner und Marx sog. „Stolpersteine“ verlegt; acht von neun Familienmitgliedern waren 1942 bzw. 1944 deportiert und ermordet worden. .

 

 

 

Weitere Informationen:

Angelika Schleindl, Spuren der Vergangenheit. Jüdisches Leben im Landkreis Cochem-Zell, Briedel 1996, S. 97/98, S. 229 – 231 (Karden), S. 237/238 (Lütz) und S. 257 - 264

Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels “. Synagogen. Rheinland-Pfalz Saarland, Hrg. Landesamt für Denkmalpflege, Mainz 2005, S. 240 und S. 364

Treis mit Karden, in: alemannia-judaica.de

Daniel Kugel, Lütz und seine Geschichte, 2012 (Anm. zur jüdischen Gemeinde siehe Kap. 8)

Jüdische Gemeinde und jüdischer Friedhof in Lütz, in: alemannia-judaica.de

Torsten Uerz (Red.), „Stolpersteine“ - Zur Geschichte der Juden in Brohl, Gemeindeverwaltung Brohl Aug. 2014

Harald Thon (Red.), Mathilde Gärtner – die einzige Brohler Jüdin, die den Holocaust überlebte, Gemeindeverwaltung Brohl

Dieter Junker (Red.), Kleiner Ort mit großer jüdischer Tradition: Lütz hatte eine der größten jüdischen Gemeinden im Kreis, in: „Rhein-Zeitung“ vom 13.6.2021