Trentschin/Trenčín (Slowakei)

Bildergebnis für Trencin karte Trentschin (ung. Trencsén) gehört zusammen mit den Städten Preßburg (Bratislava) und Neutra (Nitra) zu den ältesten Städten der Slowakei. Ihre strategische Lage in der Nähe von drei Gebirgspässen der Karpaten und an der Kreuzung von Handelswegen machte die Stadt so bedeutend. Es ist das heutige slowakische Trenčín, das derzeit ca. 56.000 Einwohner besitzt.

Burg und Stadt Trentschin/Trencsén um 1700 auf einer Postkarte, um 1900 (Abb. aus: wikipedia.org, gemeinfrei)

Die jüdische Gemeinde in Trentschin ist eine der ältesten auf dem Boden der heutigen Slowakischen Republik; ihre Wurzeln liegen bereits in der Zeit des hohen Mittelalters.

Nach der Schlacht bei Mohacs (1526) war es Juden verboten, in der Stadt zu wohnen; ihre Niederlassungen befanden sich nun in umliegenden Dörfern. Erst im 17.Jahrhundert sind in der Stadt jüdische Familien nachweisbar (zumeist Flüchtlinge aus Mähren), deren dauerhafte Ansiedlung aber vom Großteil der einheimischen Bevölkerung mit Misstrauen und Ablehnung begleitet wurde. Um weitere jüdische Familien von ihrem Zuzug abzuhalten, verfügte die lokale Stadtherrschaft eine höhere Besteuerung für Juden.

Um die Mitte des 18.Jahrhunderts gründete sich eine organisierte Gemeinde; erster Rabbiner war David Kahn Casid (gest. 1783). Neben einem Friedhof und einer Synagoge verfügte die hiesige Judenschaft auch über eine eigene Religions- und später dann auch eine öffentliche Elementarschule (gegründet 1857 mit Deutsch als Unterrichtssprache).

Ein aus der Zeit um 1790/1800 stammender Synagogenbau, der 1873 eine Vergrößerung erfuhr, wurde im Jahre 1913 durch ein großes repräsentatives Synagogenbauwerk des Berliner Architekten Richard Scheibner abgelöst, das den Ansprüchen der stark angewachsenen Gemeinde Rechnung trug. Die Einweihung am 30. September 1913 war ein festliches Ereignis in Trenčin, an dem nicht nur Juden, sondern auch zahlreiche christliche Honoratioren teilnahmen - Ungarn, Slowaken sowie Deutsche.

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Synagoge Trentschin (Postkarte 1919) und Fassade der Synagoge (aus: wikipedia.org, CCO)

Die religiös-orthodoxe Gruppierung, die sich um 1870 von der Gemeinde abgespalten hatte, ließ um 1930 eine eigene Synagoge errichten.

Juden in Trentschin/Trenčín:

--- um 1790 ..................... ca.   390 Juden (in ca. 80 Familien),

--- 1825 ............................   419   “  ,

--- 1848 ............................   688   “  ,

--- 1890 ............................ 1.198   “  ,

--- 1919 ............................ 1.448   “  ,

--- 1921 ............................ 2.115   “  ,

--- 1930 ............................ 1.539   “  ,

--- 1940 ............................ 1.619   “  ,

--- 1941 (Nov.) ................. ca. 1.900   “  ,

--- 1945 ........................ ca.   400   “  ,

Angaben aus: The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 3), S. 1321

und                 Jewish Families from Trenčín City, Slovakia [formerly Hungary],

Im Wirtschaftsleben der Stadt spielten jüdische Familien eine herausragende Rolle: um 1920/1930 existierten hier mehr als 200 von Juden betriebene Geschäfte und ca. 70 Handwerksbetriebe; zudem hatten mehrere Industriebetriebe (in der Holzindustrie) und zwei Banken jüdische Besitzer. Auch im öffentlichen Leben waren jüdische Einwohner engagiert.

Im Jahre 1941 verloren die jüdischen Familien durch den Verlust („Arisierung“) ihrer Geschäfte/Betriebe ihre Lebensgrundlage; außerdem mussten sie Zwangsarbeit leisten. Das Synagogengebäude wurde von den faschistischen Hlinka-Garden verwüstet und fortan als Pferdestall genutzt.

Während der drei folgenden Jahre wurden die Juden Trenčíns, zu denen seit Herbst 1941 vertriebene Juden aus Preßburg (Bratislava) angehörten, in mehreren Transporten in die Vernichtungslager deportiert und dort zumeist ermordet.

Als deutsche Truppen die Stadt besetzten, wurden die noch verbliebenen Juden ebenfalls in den Tod deportiert. Nach Schätzungen sollen mindestens 1.500 Juden aus Trenčín und Umgebung Opfer der Shoa geworden sein.

Nach dem Kriege kehrten mehr als 300 Überlebende zurück; doch die allermeisten emigrierten bis 1949 in den neugegründeten Staat Israel und andere westliche Länder. Ende der 1960er Jahre verließen dann die letzten noch verbliebenen Juden die Stadt.

Die während der Kriegsjahre geschändete und ihrer Innenausstattung beraubte Synagoge - das Gebäude diente ab den 1950er Jahren als Warenlager - wurde in den Jahren 1974-1984 restauriert; das Synagogenbauwerk gehört zu den schönsten ihrer Art in der Slowakei. Die heute nur aus 30 bis 40 Angehörigen bestehende jüdische Gemeinde in der Stadt kommt zu Gottesdiensten in einem Nebengebäude zusammen, während das Hauptgebäude für kulturellen Veranstaltungen und Ausstellungen genutzt wird.

Synagoge in Trenčín (Aufn. Martin Llauka, 2007, aus: wikipedia.org, CCO)

               Synagoge in Trenčín - Gemälde von Bonnie Baird Mitchell

Jüngst wurde mit der Restaurierung des Innenraumes der Synagoge begonnen (Stand 2022); nach Abschluss der Arbeiten wirde das Gebäude eine Exposition der jüdischen Kultur des mittleren Waagtals beherbergen sowie als modernes Kulturzentrum dienen.

Der jüdische Friedhof, dessen Grabstätten sich zumeist an einem Abhang befinden, ist von einer Mauer umschlossen und heute nicht öffentlich zugänglich.

Jüdisches Friedhofsgelände in Trenčín (Aufn. aus: waymarking.com/gallery/)

 

 

In der slowakische Ortschaft Pruské - ca. 25 Kilometer nordöstlich von Trenčín gelegen - wurden im beginnenden 18.Jahrhundert die ersten jüdischen Familien in Pruske ansässig. Die sich gründende kleine Gemeinde, deren Angehörige seit den 1850er Jahren in gesicherten Verhältnissen lebten, verfügte über eine im Jahre 1874 errichtete Synagoge.

Juden in Pruské:

--- um 1875 .................... ca. 125 Juden,

--- 1940 ...........................  40   “  .

Angaben aus: The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 2), S. 1030

Abwanderung führte dazu, dass sich die Gemeinde zu Beginn des Zweiten Weltkrieges nur noch aus wenigen Familien zusammensetzte; im Frühjahr 1942 erfolgte deren Deportation in die Vernichtungslager.

In der Nachkriegszeit wurde das inzwischen verfallene Synagogengebäude abgerissen. Nur der jüdische Friedhof erinnert mit einigen Grabsteinen an die ehemalige isrealitische Dorfgemeinschaft.

Židovský cintorín Pruské Aufn. von 2011, aus: zilina-gallery.sk/picture.php?/22109/category/1961

 

 

Das slowakische Dorf Beckow (slow. Beckov) - in etwa 15 Kilometer Entfernung südwestlich von Trentschin (Trenčín) - beherbergte seit dem späten 17.Jahrhundert jüdische Familien, die aus Mähren geflüchtet waren und sich hier - unmittelbar unter einer großen, aus dem 13.Jahrhundert stammenden Burganlage - niedergelassen hatten. Die jüdische Gemeinde in Bechow erreichte in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts mit ca. 350 Angehörigen ihren zahlenmäßgen Zenit.

Juden in Beckow/Beckov:

--- 1828 ........................ 348 Juden (ca. 20% d. Bevölk.),

--- 1900 ........................ 152   “ ,

--- 1940 ........................  53   “ .

Angaben aus: The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 1), S. 95

Die im Gefolge der slowakischen Staatsgründung einsetzende Entrechtung der Juden war auch in Beckov in der „Arisierung“ jüdischen Eigentums und im Einsatz zur Zwangsarbeit sichtbar.

Mit der Deportation (April 1942) in die Vernichtungslager auf polnischem Boden kam das Ende der inzwischen kleinen Gemeinde von Beckow.

Am Fuße der mittelalterlichen Burgruine haben sich Relikte des jüdischen Friedhofs erhalten.

916 38 Beckov, Slovakia - panoramio (26).jpg  

Begräbnisgelände (Aufn. Luboš Holič, 2014)  und  jüngere Grabstätten (Aufn. Marcin Szala, 2013, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)

 vgl. Beckow (Slowakei)

 

 

In Oslany (ung. Oszlány) - eine kleine Ortschaft ca. 60 Kilometer südöstlich von Trenčín – ließen sich in den 1830er Jahren die ersten jüdischen Familien in Oslany nieder und bildeten ca. zwei Jahrzehnte später eine Gemeinde; zu deren Einrichtungen zählten ein Friedhof, ein Bethaus und eine Mikwe.

Eine Elementarschule für die jüdischen Kinder wurde im Jahre 1860 eröffnet.

Ein im Orte eingerichtetes Regionalrabbinat stand zahlreichen kleineren Ortschaften der Umgebung zur Verfügung.

Juden in Oslany:

--- 1869 ........................  74 Juden,

--- 1900 ........................ 125   “  ,

--- 1940 ........................  85   “  .

Angaben aus: The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 2), S. 946

Unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg mussten sich die Bewohner gegen antijüdische Ausschreitungen zur Wehr setzen, die von Teilen der Ortsbevölkerung und entlassenen Soldaten in Gang gesetzt worden waren und sich vor allem gegen das Eigentum der jüdischen Bevölkerung richteten.

In den 1920/1930er Jahren gab es im Ort 13 Läden, ein Sägewerk und eine Ziegelei, die jüdische Eigentümer hatten.

Mit der slowakischen Staatsgründung einher ging alsbald die Entrechtung und Verfolgung der Juden; die Deportationen begannen im Frühjahr 1942.

Alle Juden Oslanys sollen dem Holocaust zum Opfer gefallen sein.

 

 

Dubnitz a. d. Waag ist die im Nordwesten der Slowakei liegende Kleinstadt Dubnica nad Váhom (ung. Vágtölgyes, nordöstlich von Trencin mit derzeit ca. 24.000 Einwohnern), in der sich unter dem Schutz der Grafen Illehazy eine kleine jüdische Gemeinde bildete.

Um 1830 soll eine Synagoge eingeweiht worden sein.

Südöstlich der Ortschaft legte man einen eigenen Friedhof an.

Juden in Dubnitz/Dubnica :

--- 1828 ........................  36 Juden,

--- um 1850/60 .............. ca. 100   “  ,

--- 1880 ........................ 114   “  ,

--- 1940 ..................... ca. 65   “  .

Angaben aus: The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 1), S. 336

Die im Ort verbliebenen Juden wurden im Juni 1942 deportiert und anschließend ermordet.

Das heute inmitten einer Gartenanlage liegende ehemalige jüdische Friedhofsgelände befindet sich in einem desolaten Zustand. Es soll in der NS-Zeit zwar unzerstört geblieben sein, doch hat es im Laufe der Jahrzehnte durch äußere Einflüsse sehr gelitten.

 

 

Im Dorf Bolešov - derzeit ca. 1.500 Einwohner – waren die ersten jüdischen Bewohner ehemalige Flüchtlinge aus Mähren, die im späten 17.Jahrhundert von dort vertrieben worden waren; bis ins ausgehende 18.Jahrhundert blieb die jüdische Gemeinschaft aber auf stets nur wenige Familien beschränkt. Ihren zahlenmäßigen Höchststand erreichte die Gemeinde in den 1820er Jahren mit mehr als 100 Angehörigen, die ihren Lebenserwerb im Kleinhandel und in der Landwirtschaft bestritten.

Zu den gemeindlichen Einrichtungen zählten ein Friedhof, eine Synagoge und Gemeindehaus, eine Schule und ein Bade- und Schlachthaus.

Zeitweilig war in Bolešov ein Regionalrabbinat ansässig, das für ca. 25 kleinere Ortschaften des nahen Umlandes zuständig war

Juden in Bolešov:

--- 1828 ...................... 112 Juden (ca. 20% d. Bevölk.),

--- 1940 ......................  39   “  .

Angaben aus: The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 1), S. 166

Die bei Kriegsbeginn noch in Bolešov wenigen lebenden jüdischen Einwohner wurden zumeist im Frühjahr 1942 deportiert.

 

 

Weitere Informationen:

The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust, New York University Press, Washington Square, New York 2001, Vol. 1, S. 166 (Bolešov) undS. 336 (Dubnitz), Vol. 2, S. 902 (Oslany) u. S. 1030 (Pruské) und Vol. 3, S. 1321 (Trenčín)

The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust, New York University Press, Washington Square, New York 2001, Vol. 1, S. 95 (Becov) und S. 336 (Dubnica), Vol. 2, S. 902 (Oslany) u. S. 1030 (Pruské) und Vol. 3, S. 1321 (Trenčín)

The Jewish Community of Trenčín, Hrg. Beit Hatfutsot – The Museum of the Jewish people, online abrufbar unter: dbs.bh.org.il/place/trencin

Maros Borský, Synagogue Architecture in Slovakia towards creating a memorial landscape of lost community, Dissertation (Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg), 2005, S. 149/150, S. 191

Auskünfte der Stadtverwaltung Trenčín (2005)

Jewish Families from Trenčín City, Slovakia [formerly Hungary], online abrufbar unter: geni.com/projects/Jewish-Families-from-Trencin

Jewish Virtual Library (Hrg.), Trenčin, online abrufbar unter: jewishvirtuallibrary.org/trencin

   Zidovský cintorín v Pruskom – בית הקברות היהודי – Jewish Cemetery in Pruské, online abrufbar unter: zilina-gallery.sk/picture.php?/22109/category/1961

   Židovský cintorín v Dubnici nad Váhom – בית הקברות היהודי – Jewish Cemetery in Dubnica nad Váhom, online abrufbar unter. zilina-gallery.sk/picture.php?/21448/category/1940

   Ursula Prokop, Die Synagoge von Trenčin und das seltsame Schicksal, in: „DAVID – Jüdische Kulturzeitschrift“, Heft 120 (April 2019)

  Kay Zeisberg (Red.), Synagoge in Trenčín wird erneuert, in: Radio Slovakia International vom 29.7.2022