Striegau (Schlesien)

Die niederschlesische Kleinstadt Striegau - das heutige poln. Strzegom mit derzeit ca. 16.000 Einwohnern - liegt ca. 15 Kilometer nordwestlich von Schweidnitz (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Skizze 'Polen' mit Strzegom rot markiert, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

In Striegau bestand schon in der Zeit der böhmischen Könige eine jüdische Gemeinde erstmals 1346 bzw. 1350 urkundlich erwähnt. Aus dem Jahre 1370 stammt eine Urkunde, in der die Herzogin Agnes die Nutzung des jüdisches Begräbnisplatzes in Striegau auch Verstorbenen aus anderen Orten zusagte.

1410 kam es in der Stadt zu einem Pogrom, bei dem ca. 70 Juden ermordet wurden. Um die Mitte des 15.Jahrhunderts wurde dann die etwa 100 Personen zählende Judenschaft wegen angeblichen Hostienfrevels aus der Stadt vertrieben bzw. ermordet, die Synagoge 1455 in die Barbara-Kirche umgewandelt. Dieses Kirchengebäude ist bis auf den heutigen Tag vorhanden.

Barbara-Strzegom2.JPG

Barbara-Kirche, ehem. Synagoge (Aufn. Bonio 2007, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0 und Art Jarka 2019, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

Erster jüdischer Bewohner in Striegau war der im Jahre 1812 sich hier niedergelassene, aus Glogau stammende Itzig Feibel. Im Laufe der Folgejahrzehnte kamen weitere Familien hinzu. Anfang der 1840er Jahre bildete sich in der Stadt eine israelitische Gemeinde (zunächst Filialgemeinde von Schweidnitz), die über einen 1815 angelegten Friedhof und ab 1846 auch über ein Bethaus verfügte.

Juden in Striegau:

--- 1849 ..........................  29 Juden,

--- 1871 ..........................  62   “  ,

--- 1880 ...................... ca. 140   “  ,

--- 1900 .......................... 115   “  ,

--- 1925 .......................... 109   “  ,

--- 1933 ...................... ca.  75   “  ,

--- 1937 ..........................  17   “  ,

--- 1939 ..........................   2   “  ,

--- 1946 ...................... ca. 230   “  ,

--- 1948 (Febr.) .............. ca. 500   “  ,

--- 1949 (Jan.) ............... ca. 260   "  .

Angaben aus: Strzegom, in: sztetl.org.pl

Datei:Schlesien striegau rathaus.pngRathaus von Striegau (hist. Postkarte, um 1930, aus: wiki-de/genealogy.net)

Blick in die Schweidnitzer StraßeAk Strzegom Striegau Schlesien, Schweidnitzer Straße, Kirchturm (Abb. aus: akpool.de)

 

Die um 1880 etwa 140 Angehörige zählende Kultusgemeinde, der Juden aus dem gesamten Kreisgebiet angehörten, wurde danach infolge Abwanderung immer kleiner; 1900 waren es noch 115 Personen, zu Beginn der NS-Zeit nur noch etwa 75. Wenige Jahre später löste sich die Gemeinde ganz auf.

Während der „Kristallnacht“ wurden die drei noch bestehenden jüdischen Geschäfte zerstört; einigen Bewohnern gelang noch die Emigration. Die wenigen in der Stadt verbliebenen mussten alsbald den Weg in die Deportation antreten; über ihr weiteres Schicksal ist zumeist nichts bekannt.

 

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Strzegom zu einem Ort jüdischer Ansiedlung in Niederschlesien. 1946 hielten sich ca. 230 Juden in der Stadt auf; ein Jahr später hatte sich deren Anzahl verdoppelt. In dieser Zeit entwickelte sich hier jüdisches Leben mit zahlreichen Organisationen. Ein Merkmal dieser jüdischen Gemeinschaft war die Bildung von Genossenschaften. Ab Ende der 1940er Jahre verließen die meisten Juden die Stadt und emigrierten.

Der kleine jüdische Friedhof von Striegau, der völlig in Vergessenheit geraten und von der Vegetation überwuchert war, ist unlängst wieder seitens einer deutsch-polnischen Jugend-Initiative freigelegt worden; die ca. 80 noch vorhandenen Grabsteine wurden aufgerichtet.

Zugangstor zum Friedhofsgelände  (Aufn. Bonio, 2007, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)  -  Studierende bei Kartierungsarbeiten (Aufn., 2012, aus: sztetl.org.pl)

 

 

Weitere Informationen:

Bernhard Brilling, Die jüdischen Gemeinden Mittelschlesiens - Entstehung und Geschichte, Verlag Kohlhammer, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1972

The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust, New York University Press, Washington Square, New York 2001, Vol. 3, S. 1252

Strzegom, in: sztetl.org.pl

Małgorzata Frąckowiak (Red.), Strzegom, in: kirkuty.xip.pl