Sulz (Oberelsass)

Kreis Thann.png Die derzeit etwa 7.000 Einwohner zählende oberelsässische Kleinstadt Sulz (frz. Soultz-Haut-Rhin) liegt am Ostabhang der Vogesen südlich von Colmar (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905, aus: wikipedia.org, gemeinfrei).

 

Im nördlich von Mülhausen (Mulhouse) am Fuße der Vogesen gelegenen Sulz gab es eine jüdische Gemeinde, die zu Beginn des 19.Jahrhunderts ihre Blütezeit besaß. Bereits seit dem 13.Jahrhundert war es Juden mit Genehmigung des Bischofs von Straßburg erlaubt gewesen, sich in Sulz niederzulassen. 1349 erfolgte ihre Vertreibung aus dem Städtchen; doch bereits etwa drei Jahrzehnte später kehrten einige jüdische Familien nach Sultz zurück. Gegen Ende des 15.Jahrhunderts ist dann erneut eine jüdische Gemeinschaft (mit Synagoge) nachweisbar.

Zu Beginn des 19.Jahrhunderts setzte sich die Gemeinde aus ca. 230 Angehörigen zusammen; um 1850/1860 waren es mehr als 400 Personen, die einen beachtlichen Teil der hiesigen Bevölkerung ausmachten.

Über die Situation der jüdischen Bewohner in seinem Amtsbezirk schrieb der Bürgermeister 1830 wie folgt: „ ... Die jüdische Bevölkerung in meinem Kanton zählt etwa 1.400 bis 1.500 Seelen, ... die Hälfte ist bettelarm, sozusagen mittellos. Die andere Hälfte hat ein wenig Wohlstand, doch nur 25 bis 30 Haushaltsvorstände gelten als reich. ... Ihr Vermögen ist nicht bekannt, weil es nur aus Kreditbriefen besteht.”

Aus den 1830er Jahren stammte ein Synagogenneubau, der die „alte Judenschule“ ablöste.

  ehem. Synagoge - Aufn. um 1980 (aus: Rothè/Warschawski)

Neben der Synagoge bestanden als gemeindliche Einrichtungen eine jüdische Schule und ein rituelles Frauenbad. Aufgaben der Kultusgemeinde erledigte ein von ihr angestellter Lehrer; neben der religiösen Unterweisung der Kinder war er zugleich als Vorbeter und Schochet tätig.

Seit 1820 war Soultz Sitz eines Rabbinates, zu dem u.a. auch Gebweiler (Guebwiller), Hartmannsweiler (Hartmannswiller), Issenheim und Jungholtz gehörten.

Verstorbene wurden auf dem jüdischen Friedhof in Jungholtz beigesetzt.

Juden in Sul(t)z (Soultz-Haut-Rhin):

--- um 1785 ..................... ca.   20 jüdische Familien (etwa 100 Pers.),

--- 1808 ........................ ca.  230 Juden,

--- 1821 ...........................   306   "  ,

--- 1846 ............................  436   "  ,

--- 1861 ............................  421   “  ,

--- 1880 ............................  323   "  ,

--- 1900 ............................  139   “  ,

--- 1910 ............................  110   “  ,

--- 1936 ........................ ca.   70   “  ,

--- 1953 ........................ ca.  130   "  .

Angaben aus: Michel Rothé/Max Warschawski, Les synagogues d’Alsace et lieur histoire

 

Das in Soultz-Haut-Rhin seit 1820 bestehende Rabbinat wurde 1910 aufgegeben und nach Gebweiler/Guebwiller verlegt; der letzte in Sultz amtierende Rabbiner war Dr. Moses Ginsburger. Die jüdische Gemeinde existierte bis gegen Ende der 1930er Jahre.

Im Jahre 1936 sollen noch etwa 70 jüdische Bewohner im Ort gelebt haben; diejenigen, die bis 1940 hier verblieben, wurden durch die Besatzungsmacht nach Südfrankreich deportiert.

Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem zu den während der Kriegsjahre deportierten/ermordeten Juden aus Soultz sind wegen der Namensgleichheit zum Ort Soultz-sous-Forêt (Soultz unterm Wald) nicht immer eindeutig.

 

Nach Kriegsende haben sich wieder einige jüdische Familien in Soultz niedergelassen. Mitte der 1950er Jahre wurden ca. 130 Einwohner mosaischen Glaubens gezählt.

Das alte, 1939 aufgegebene Synagogengebäude in der "Rue de Temple" ist erhalten geblieben. Das denkmalgeschützte Gebäude befindet sich nach Restaurierungsmaßnahmen in einem guten baulichen Zustand.

 Ehem. Synagoge (Aufn. Ralph Hammann, 2015, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

                       Blick auf den Thora-Schrein, hist. Aufn.

Im Musée du Bucheneck - einer ehem. mittelalterlichen Burg - sind heute eine Reihe Exponate jüdischer Kunst und Tradition zu besichtigen.

In der Kleinstadt sind an zwei Stellen vier sog. „Stolpersteine“ verlegt worden.

 

 

 

Weitere Informationen:

Michel Rothé/Max Warschawski, Les synagogues d’Alsace et lieur histoire, Jerusalem 1992

Denis Ingold, Les Juifs de Soultz (Haut-Rhin) au XVIIe siècle (online unter: judaisme.sdv.fr)

Eliane de Thoisy (Hrg.), Le Judaisme Alsacien. Histoire, Patrimoine, Traditions, Straßbourg 1999

Denis Ingold, La maison de Lehmann Rheinau à Soultz en Haute Alsace (Aufsatz online abrufbar)

The Jewish Community of Soultz-Haut-Rhin (Sulz), Hrg. Beit Hatfutsot – The Museum of the Jewish People, online abrufbar unter: dbs.bh.org.il/place/soultz-sulz

Soultz, in: alemannia-judaica.de (mit einigen Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

Auflistung der in Soultz-Haut-Rhine veerlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_im_Département_Haut-Rhin#Soultz-Haut-Rhin