Somborn (Hessen)

Jüdische Gemeinde - Hanau/Main (Hessen)Bildergebnis für landkreis main kinzig ortsdienst karte Somborn ist mit derzeit ca. 6.000 Einwohnern heute der größte Ortsteil der Kommune Freigericht im osthessischen Main-Kinzig-Kreis – ca. 15 Kilometer östlich von Hanau bzw. ca. neun Kilometer südwestlich von Gelnhausen gelegen (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905 ohne Eintrag von Somborn/Freigericht, aus: wikipedia.org, gemeinfrei  und  Kartenskizze 'Main-Kinzig-Kreis', aus: ortsdienst.de/hessen/main-kinzig-kreis  und  'Ortsteile von Freigericht', aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Möglicherweise haben sich bereits um 1335 Juden in Somborn aufgehalten. Eine kleine jüdische Gemeinde in Somborn entstand vermutlich erst im Laufe des 19.Jahrhunderts; deren Wurzeln sollen  aber bereits im frühen 18.Jahrhundert liegen, als im Ort wenige Juden dauerhaft gelebt haben. Gegen Mitte des 18.Jahrhunderts sind fünf jüdische Familien hier ansässig gewesen. Bis in die 1870er Jahre gehörten die hier lebenden jüdischen Familien der Gemeinde Meerholz an, ehe sie eine winzige autonome Kultusgemeinde bildeten; diese wurde erst 1905 offiziell anerkannt.

Der Neubau einer Synagoge um 1904/1905 löste einen bis dahin benutzten Betraum in einem Privathaus (Hanauer Str.) ab. Das neue Synagogengebäude verfügte über 40 Plätze für Männer und 27 für Frauen.

Ehem. Synagogengebäude (Aufn. um 1950, aus: Th. Altaras  und  Titelblatt, R. Schilling, Somborn im Freigericht)

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20240/Somborn%20FrfIsrFambl%2022061906.jpg aus: „Frankfurter Israelitisches Familienblatt“ vom 22.6.1906

Von ca. 1850 bis 1926 besuchten die jüdischen Kinder aus Somborn die israelitische Elementarschule in Meerholz, die im Rahmen eines Schulverbandes der Orte Niedermittlau, Neuenhaßlau, Somborn und Meerholz geführt wurde.

Verstorbene wurden auf dem jüdischen Friedhof in Niedermittlau beerdigt.

Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Hanau.

Juden in Somborn:

    --- um 1705 .......................  2 jüdische Familien,

                        --- 1737 ..........................  3     “       “    ,

--- 1754 ..........................  5     “       “    ,

--- 1861 .......................... 20 Juden,

--- 1871 .......................... 21   “  ,

--- 1885 .......................... 34   “  ,

--- 1905 .......................... 47   “  (ca. 2% d. Bevölk.),

--- 1925 ...................... ca. 40   “  ,

--- 1933 .........................  47   "  ,

--- 1939 ..........................  4   “  ,

--- 1942 ........................... 2   “  .

Angaben aus: Somborn, in: alemannia-judaica.de

 

Die meisten jüdischen Familien lebten in recht bescheidenen Verhältnissen. Anfang der 1930er Jahre waren im Besitz von jüdischen Familien in Somborn drei Manufakturwarengeschäfte, eine Metzgerei und zwei Viehhandlungen.

Um 1930 setzte sich die Gemeinde aus 40 bis 50 Personen zusammen; die meisten verließen Somborn bis Kriegsbeginn; die letzten zwei jüdischen Bewohner wurden 1942 ins Ghetto Theresienstadt deportiert.

Das während der Novembertage 1938 von einigen SA-Angehörigen verwüstete Gebäude konnte durch Eingreifen von Ortsbewohnern von einer Inbrandsetzung bewahrt werden. Während des Krieges diente es als Unterkunft für ausländische Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des „Gedenkbuches – Opfer der Verfolgung der Juden ...“ wurden nachweislich 26 aus Somborn stammende bzw. längere Zeit hier ansässig gewesene Personen jüdischen Glaubens Opfer der „Endlösung (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/somborn_synagoge.htm).

 

Das baulich erhaltengebliebene ehemalige Synagaogengebäude diente nach 1945 verschiedenen Zwecken; in den 1960er Jahren erfolgten umfangreiche Umbauten zu einem Wohnhaus, die alle Spuren seiner einstigen Nutzung vernichtet haben.

2002 wurde vor dem einstigen Wohnhaus von Josef Sonneberg (Freigerichter Straße) eine Gedenkstele aufgestellt mit der Inschrift „Den Opfern der Gewalt aus der jüdischen Gemeinde Somborn von 1933 - 1945 zum Gedenken“.

Jüngst wurde in Freigericht mit der Anbringung von Bronzereliefs an die Verfolgung der jüdischen Bevölkerung von Somborn erinnert (2024). Auf eine Verlegung von sog. „Stolpersteinen“ hingegen wurde seitens der Kommune bewusst verzichtet.  

   

 

[vgl. dazu: Meerholz (Hessen)]

 

 

 

Weitere Informationen:

Paul Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn, Societäts-Verlag, Frankfurt/M. 1971, Bd. 2, 259/260 (Somborn)

Jürgen Ackermann, Die Juden in und um Meerholz, in: "Mitteilungsblatt der Heimatstelle Gelnhausen", 1/1993

Studienkreis Deutscher Widerstand (Hrg.), Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933 – 1945, Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt, 1995, S. 204

Rudolf Schilling, Die jüdische Gemeinde Somborn im Freigericht, Frohberg 2002, S. 11 ff.

Thea Altaras, Synagogen und jüdische Rituelle Tauchbäder in Hessen – Was geschah seit 1945? (Neubearbeitung), Königstein/Taunus 2007, S. 339/340

Gemeinde Freigericht – Gemeindevorstand (Hrg.), Jüdische Gemeinde in Freigericht, auch online abrufbar unter: freigericht.de/erleben-entdecken/wissenswertes/juedische-gemeinde/ (Stand 2016)

Somborn, in: alemannia-judaica.de (mit Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

N.N. (Red.), Stolpersteine in Somborn angeregt, in: „Main-Echo“ vom 13.6.2019

N.N. (Red.), Freigericht: Gedenken an jüdische Opfer wird nach Auflösung der AG in Bronzereliefs manifestiert, in: „GNZ - Gelnhäuser Neue Zeitung“ vom 3.1.2024

N.N. (Red.), Wie die Gemeinde Freigericht am Rathaus an die Verfolgung der Juden in der NS-Zeit erinnert, in: „GNZ – Gelnhäuser Neue Zeitung“ vom 30.1.2024