Tschadsa/Čadca (Slowakei)
Die Kleinstadt Tschadsa ist das slowakische Čadca (bis 1927 Čaca; ung. Csáca) mit derzeit ca. 24.000 Einwohnern – ca. 25 Kilometer nördlich von Sillein/Žilina im Länderdreieck Slowakei–Tschechien-Polen gelegen (Kartenskizze ?, 2007, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0).
Juden wurden vermutlich im Laufe des 18.Jahrhunderts in Tschadsa/Čadca ansässig; alsbald bildete sich eine Gemeinde, die Sitz eines Rabbinats war. Ihre erste aus Holz gebaute Synagoge errichtete die Gemeinde um 1800; ein größerer steinerner Nachfolgebau wurde dann im Jahre 1864 eingeweiht.
Nach 1800 unterhielt die hiesige Judenschaft eine Elementarschule.
Der Kauf eines Geländes durch zwei jüdische Familien ließ dann die Anlage eines Friedhofs zu.
Juden in Tschadsa/Čaca:
--- 1746 .......................... 2 jüdische Familien,
--- 1798 .......................... 53 Juden,
--- 1802 .......................... 62 “ ,
--- 1828 .......................... 132 “ (ca. 3% d. Bevölk.),
--- 1880 ...................... ca. 350 " ,
--- 1910 .......................... 400 “ ,
--- 1940 ...................... ca. 400 “ .
Angaben aus: The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 1), S. 230
und The Jewish Community of Cadca, aus: dbs.bh.org.il/place/cadca
In der Zeit ihrer frühen Ansässigkeit bestritten die Juden als Händler auf dem wöchentlich staatfindenden Märkten ihren Lebensunterhalt.
Die zunächst in sehr bescheidenen Verhältnissen lebenden Juden konnten sich im Laufe des 19.Jahrhunderts (besonders seit Ende der 1860er Jahre) wirtschaftlich weiterentwickeln und waren in fast allen Wirtschaftsbereichen anzutreffen; einige Familien brachten es als Holzhändler und Besitzer von Sägewerken zu beachtlichem Wohlstand.
Nach dem Ersten Weltkrieg brachen in der Region antijüdische Unruhen aus; betroffene jüdische Familien fanden in Čadca Zuflucht. In den 1920er Jahren fand die zionistische Bewegung zahlreiche Anhänger unter den jüngeren Juden; ein nahe der Stadt eingerichtetes Ausbildungslager für künftige Landwirte führte dann Ende der 1930er Jahre zur baldigen Emigration junger Leute nach Palästina.
Bis in die 1930er Jahre blieb die aus ca. 400 Angehörigen sich zusammensetzende Gemeinde zahlenmäßig bestehen; mehr als 70 Geschäfte, zahlreiche Handwerkerbetriebe und sechs Industriebetriebe besaßen damals jüdische Eigentümer; alle Ärzte in der Stadt waren ebenfalls Angehörige mosaischen Glaubens.
Die Wirtschaftskrise gegen Ende der 1920er Jahre führte besonders in der Holzindustrie zu einem Niedergang der Unternehmen.
Mit der slowakischen Staatsgründung setzten Entrechtung und Verfolgung ein, die die Juden Čadcas ihrer Lebensgrundlage beraubten und in die Deportation (März/April 1942) führten. Die meisten, etwa 200 Bewohner fanden in den Vernichtungslagern im Distrikt Lublin ihr gewaltsames Ende.
Nach dem Krieg kehrte keiner der Überlebenden nach Čadca zurück.
Das verwaiste und ausgeplünderte Synagogengebäude war fortan unterschiedlichen Nutzungen unterworfen, so als Lagerhaus für militärische Ausrüstung, Pferdestallung und Lebensmitteldepot. Das Gebäude verwahrloste und wurde Anfang der 1980er Jahre schließlich abgerissen.
Vom einstigen jüdischen Friedhof findet man kaum noch steinerne Relikte; ansonsten ist das Gelände von Vegetation überwuchert bzw. zu einer Grünfläche umgestaltet. Hier befindet sich auch ein Denkmal, das den Menschen gewidmet ist, die in den Jahren 1942 - 1944 deportiert und ermordet wurden.
Anmerkung: Nach Kriegsende fand in dem slowakischen Ort Čadca ein Mädchen in einem Versteck das Tagebuch ihrer Cousine Kitty Weichherz. Ihr Vater hatte es für seine Tochter geschrieben, vom Tage der Geburt bis zur Deportation der Familie ins Vernichtungslager Majdanek; die Familie Weichherz kehrte nicht mehr zurück.
vgl. dazu: Günther Schwarberg, das Tagebuch der Kitty Weichherz (Hörspiel: Deutschland-Radio Berlin Mai 2002)
Weitere Informationen:
The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 1), New York University Press, Washington Square, New York 2001, S. 230
The Jewish Community of Cadca, Hrg. Beit Hatfutsot – Museum of the Jewish People, online abrufbar unter: dbs.bh.org.il/place/cadca
Jüdische Synagoge – Geschichte, online abrufbar unter: spca.sk/cl/25/dokumenty-o-starej-cadci.html
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