Werlau/Hunsrück (Rheinland-Pfalz)

Datei:Nassau Kr Sankt Goarshausen.png – WikipediaGOV :: Goar, St Goar Werlau mit seinen derzeit ca. 800 Einwohnern ist ein linksrheinisches, direkt am Steilhang liegendes Rheinhöhendorf, das 1969 eingemeindet und heute ein Ortsteil der Verbandsgemeinde St.Goar-Oberwesel ist – ca. zehn Kilometer von Boppard rheinaufwärts (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905 ohne Eintrag von Werlau, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Kartenskizze aus: gov.genealogy.net).

 

Das Dörfchen Werlau - zur Niedergrafschaft Katzenelnbogen gehörig - beherbergte im 16.Jahrhundert nachweislich einige jüdische Familien; die mit Schutzbriefen ausgestatteten Werlauer Juden waren damals vornehmlich im Geldverleih tätig. Zentrum der Katzenelnbogener Judenschaft war bis in die Zeit der französischen Besetzung St. Goar. Die 1844 im Obergeschoss eines angekauften kleinen Wohnhauses eingerichtete kleine Synagoge wurde 40 Jahre später durch einen Betraum in der Oberstraße ersetzt. Das Gebäude war von den Angehörigen der Beerdigungsbruderschaft von St. Goar und Werlau gemeinsam erworben worden.

In den folgenden Jahren trennten sich die Wege der Juden beider Orte: Werlau schloss sich 1888 der Synagogengemeinde Oberwesel an; es verfügte aber weiterhin über einen eigenen Betraum im Dorf, der entsprechend dem orthodoxen Ritus zweigeteilt war. Diese religiös-orthodoxe Grundhaltung behielten die Juden Werlaus bis in die 1930er Jahre bei.

Einen eigenen Lehrer besaß die kleine Gemeinde zu keiner Zeit; religiöse Unterweisung der Kinder erfolgte durch auswärtige „Wanderlehrer“.

Die Werlauer Juden bestatteten ihre Toten in der rechtsrheinischen Gemarkung Bornich auf einem im „Haushecker Wald” gelegenen Friedhof; dieser war vermutlich gegen Ende des 17.Jahrhunderts angelegt worden. Auf diesem Begräbnisareal wurden auch verstorbene Juden aus anderen mittelrheinische Orten wie Bogel, Ruppertshofen, St. Goar, St. Goarshausen und Welterod beerdigt.

Juden in Werlau:

         --- 1808 ...........................  7 jüdische Familien (ca. 35 Pers.),

    --- 1827 ........................... 19 Juden,

    --- 1854 ........................... 31   "  ,

    --- 1930 ...........................  9 jüdische Familien (ca. 30 Pers.),

    --- 1942 (Dez.) ....................  keine.

Angaben aus: Doris Spormann, Zur Geschichte der Juden in Werlau

 

Die Werlauer Landjuden lebten in recht bescheidenen Verhältnissen und übten bis gegen Ende des 19.Jahrhunderts die traditionellen ’jüdischen Berufe’ aus; Viehhandel spielte um 1900 immer noch eine herausragende Rolle; im Nebenerwerb betrieben jüdische Dorfbewohner oft noch eine kleine Landwirtschaft. In den 1920/30er Jahren stellten jüdische Ortsbewohner in ihren kleinen Pensionen Privatzimmer für Gäste zur Verfügung.

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Kleinanzeigen von Pensionen in Werlau, aus: "Israelitisches Familienblatt" von 1935/1936/1937

Während des Ersten Weltkrieges und besonders in den 1920er Jahren lag der Viehhandel hier weitgehend brach, was die jüdischen Familien in große wirtschaftliche Existenznot brachte. Nach vorübergehender Besserung betrieb das NS-Regime - verstärkt ab 1935 - eine Boykottierung des jüdischen Viehhandels; gezielte Kampagnen führten zur völligen Ausschaltung der Händler.

Während der „Kristallnacht“ vom November 1938 warfen SA-Angehörige Fensterscheiben von Juden bewohnter Häuser und des Betraumes (in der Bopparder Str.) ein. Ein Teil der Werlauer Juden konnte noch rechtzeitig emigrieren. Im Frühjahr 1940 befanden sich nur noch drei Häuser in jüdischem Besitz. Ende März 1942 wurden einige Bewohner Werlaus - über Koblenz - ins besetzte Polen deportiert; die letzten Werlauer Juden verschleppten die NS-Behörden Ende Juli 1942 nach Theresienstadt. Anschließend ließ das St. Goarer Finanzamt das bewegliche Vermögen der Deportierten in einer Scheune zusammentragen und öffentlich versteigern.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." fielen mindestens 19 gebürtige bzw. längere Zeit am Ort ansässig gewesene Juden Werlaus dem Holocaust zum Opfer (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/werlau_synagoge.htm).

Seit 1992 erinnert ein Gedenkstein an die ehemaligen jüdischen Bewohner von Werlau.

 

 

 

In Bornich sollen bereits in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges drei jüdische Familien gewohnt haben. Zu Beginn des 19.Jahrhunderts waren es fünf Familien, die hier in recht ärmlichen Verhältnissen lebten.

1842 richtete ein Jude aus Bornich ein Gesuch an die Herzoglich Nassauische Regierung mit der Bitte um Erlaubnis, in seinem Haus einen Betsaal für die Juden von Bornich und Niederwallmenach einzurichten; darin hieß es: „Der Wolf Edinger, Eigentümer des Bethhauses ist bereit, dasselbe zehn Jahre lang zur Benutzung unentgeltlich herzugeben. Zur Erbauung einer neuen Synagoge sind sowenig wir, als unsere Glaubensbrüder in Niederwallmenach imstande, denn in Bornich wohnen nur drei und in Niederwallmenach ebenwohl nur drei jüdische Familien, sämtlich bis auf einen unbemittelt." Dem Gesuch wurde stattgegeben. Doch schon Ende der 1850er Jahre wurde der als „Spelunke und stinkender Winkel" bezeichnete Betraum geschlossen.

Ihre Toten begrub die kleine jüdische Gemeinschaft auf dem Friedhof im „Haushecker Wald“.*

* Diese um 1680 angelegte Begräbnisstätte (nördlich von Bornich) war der gemeinsame Friedhof für die rechtsrheinischen Gemeinden von Bornich, Bogel, Ruppertshofen, St. Goarshausen und Welterod sowie für die linksrheinischen Gemeinden St Goar und Werlau. Auf dem umfriedeten weitläufigen Areal von mehr als 3.000 m² sind zahlreiche Grabsteine (mindestens 80) bis heute erhalten geblieben.

Jüdischer Friedhof Bornich 4.JPGJüdischer Friedhof Bornich 1.JPG 

jüdischer Friedhof bei Bornich (Aufn. Marion Halft, 2012, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)

1900 gab es nur noch die Familie des Alexander Gutenberg (Sendersch) in Bornich.

Um 1900 war im Dorf nur noch eine einzige jüdische Familien ansässig.

 

 

Auch in St. Goar war eine jüdische Gemeinde beheimatet, die Mitte des 18.Jahrhunderts recht bedeutend gewesen sein muss. Zu Beginn der 1930er Jahre lebten am Ort nur noch fünf jüdische Familien.

[vgl. St. Goar (Rheinland-Pfalz) und Oberwesel (Rheinland-Pfalz)]

 

 

 

Weitere Informationen:

Friedrich L.Kronenberger, Die jüdischen Vieh- und Pferdehändler im Birkenfelder Land und in den Gemeinden des Hunsrücks, Birkenfeld 1987

Christian Becker, Die Geschichte der Juden im Amt Rheinfels, in Bornich und der jüdische Friedhof im Haushecker Wald, Nastätten 1987

Doris Spormann, Die Synagogengemeinden in St. Goar und Oberwesel im 19. und 20. Jahrhundert: Spuren landjüdischen Gemeindelebens am Mittelrhein, in: "SACHOR. Beiträge zur jüdischen Geschichte in Rheinland-Pfalz", 2.Jg., Ausgabe 2/1992, Heft 3, S. 22 - 30

Elmar Ries, Die Deportationen von jüdischen Bürgern aus Koblenz und Umgebung, in: "Beiträge zur Jüdischen Geschichte in Rheinland-Pfalz", Heft 5/1993

Gustav Schellack, Das jüdische Schulwesen in den ehemaligen Kreisen Simmern und St.Goar im 19.Jahrhundert, in: "SACHOR - Beiträge zur jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz", Heft 10, Ausg. 2/1995, S. 23 - 27

Doris Spormann, Zur Geschichte der Juden in Werlau, in: "SACHOR - Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz", Heft 10, Ausg. 2/1995, S. 62 - 74

Franz Gölzenleuchter, Sie verbrennen alle Gotteshäuser im Lande (Psalm 74,8). Jüdische Spuren im Rhein-Lahn-Kreis - Jahrzehnte danach, Limburg 1998, S. 44 - 47 (Bornich)

Christof Pies, Jüdisches Leben im Rhein-Hunsrück-Kreis, in: "Schriftenreihe des Hunsrücker Geschichtsvereins e.V.", No. 40, 2003, S. 166 ff.

Werlau, in: alemannia-judaica.de

Bornich, in: alemannia-judaica.de

Christian Becker, Geschichte der Juden in Bornich und der jüdische Friedhof im Hausecker Wald, in: Loreleygemeinde Bornig (online abrufbar)