Windesheim (Rheinland-Pfalz)
Windesheim mit derzeit ca. 1.800 Einwohnern gehört heute zur Verbandsgemeinde Langenlonsheim-Stromberg im Nordostteil des Landkreises Bad Kreuznach – nur wenige Kilometer nördlich der Kreisstadt gelegen (Kartenskizze 'Landkreis Bad Kreuznach', aus: kreisgebiet.de/kreis-bad-kreuznach).
Die jüdische Gemeinde im nördlich von Bad Kreuznach gelegenen Dorf Windesheim war stets sehr klein; die Zahl ihrer Angehörigen umfasste zu keiner Zeit 40 Personen; doch im Gegensatz zu anderen Landgemeinden blieb die Windesheimer Gemeinde bis in die 1920er Jahre konstant auf diesem Niveau.
Nach 1850/1860 ließ die kleine jüdische Gemeinde am Dorfrand ein unscheinbares Synagogengebäude errichten, das sich nur durch die beiden Rundbogenfenster von der Umgebung abhob. Nach 1915/1920 suchten auch die wenigen jüdischen Bewohner von Waldlaubersheim die Synagoge in Windesheim auf; bereits vor 1850 hatten enge Kontakte zur Windesheimer Gemeinde bestanden.
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Sept. 1886
In der Gemarkung „Auf dem Römerberg“ im Bereich des Langenlonsheimer Waldes - etwa zwei Kilometer vom Ortskern entfernt - besaß die Gemeinde einen Friedhof, der vermutlich Mitte des 18.Jahrhunderts angelegt worden war.
Juden in Windesheim:
--- 1808 ......................... 14 Juden,
--- 1843 ......................... 32 “ ,
--- 1858 ......................... 35 “ ,
--- 1895 ......................... 38 “ ,
--- 1925 ......................... 32 “ ,* * andere Angabe: 25 Pers.
--- 1939 ......................... 5 Familien.
Angaben aus: Kreisverwaltung Bad Kreuznach (Hrg.), Die jüdischen Synagogen im Landkreis Bad Kreuznach, S. 47
Anfang der 1930er Jahre lebten noch ca. 30 jüdische Personen am Ort. Mehrere Familien sind auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien verzogen bzw. ausgewandert. Zwischen 1934 und 1939 wurden zehn Wohn- und Geschäftshäuser von jüdischen Besitzern an nichtjüdische Personen verkauft.
Während des Novemberpogroms von 1938 wurde der Innenraum der Windesheimer Synagoge verwüstet; 1939 ging das Gebäude in „arischen“ Besitz über, 1982 musste es wegen Baufälligkeit abgerissen werden. Die letzten jüdischen Einwohner wurden 1942 deportiert
Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." wurden 22 aus Windesheim stammende Juden Opfer der "Endlösung" (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/windesheim_synagoge.htm).
Baufälliges Synagogengebäude (beide Aufn. um 1980, Landesamt für Denkmalpflege)
Das Friedhofsgelände - nordöstlich von Windesheim im Bereich des Langenlonsheimer Waldes gelegen - war während der NS-Zeit geschändet, Grabsteine umgeworfen bzw. zweckentfremdet worden. Heute befinden sich auf dem ca. 900 m² großen Areal noch ca. 20 Grabsteine.
Jüdischer Friedhof von Windesheim (Aufn. Otmar Frühauf, 2010)
Nach einem Beschluss des Gemeinderates (2021) soll es in Windesheim keine „Stolpersteine“ geben, da man „bessere Möglichkeiten“ (?) sieht, das Gedenken an ehemalige jüdische Bewohner zu pflegen.
Die jüdische Minderheit in Waldlaubersheim setzte sich im 19.Jahrhundert maximal aus 30 Personen zusammen; die Wurzeln der israelitischen Gemeinschaft reichen in die Zeit des 18.Jahrhunderts zurück. Bis zur Einrichtung eines eigenen, aus Bruchsteinen erbauten Synagogengebäudes (um 1855) gehörten die Juden Waldlaubersheims der Gemeinde von Windesheim an und besuchten auch die dortigen Gottesdienste - ab 1915/1920 dann erneut, als nur noch wenige Juden im Dorf lebten. Das 1920 an eine nicht-jüdische Familie verkaufte Synagogengebäude diente in den Folgejahrzehnten als Scheune, Stall und Lager.
Der jüdische Friedhof lag weit abseits des Dorfes am Horetberg im sog. „Im Judenwald“; dessen Anlage erfolgte spätestens um 1800.
Jüdischer Friedhof am Horetberg (Aufn. Kommune Waldlaubersheim)
Anfang der 1930er Jahre gab es im Ort noch einen Kolonialwarenladen und eine Metzgerei im Besitz jüdischer Familien. 1939 verließ der letzte jüdische Bewohner den Ort und rettete sein Leben durch Emigration.
Ehem. Synagogengebäude Waldlaubersheim (Aufn. Landesamt, 1987 und Rainer Schmitt, um 2010)
Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem wurden vier aus Waldlaubersheim stammende Juden Opfer der "Endlösung" (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/waldlaubersheim_synagoge.htm).
Eine kleine am sanierten Gebäude angebrachte Tafel - erstellt von der Ortsgemeinde - informiert seit 2006 wie folgt:
Auf dem ca. zwei Kilometer nördlich der Ortschaft gelegenen, etwa 1.000 m² großen Friedhofsareal am Horetberg findet man heute noch 23 Grabsteine; der älteste vorhandene lesbare Stein datiert von 1878.
Im Dorf Schöneberg - wenige Kilometer nordwestlich Windesheims gelegen - sollen bereits um 1550 Juden gelebt haben. Im 19.Jahrhundert umfasste die kleine jüdische Gemeinschaft maximal 30 Personen. Südlich des Dorfes - auf dem Gerstenberg - befand sich ihr Friedhof, der vermutlich auch von umliegenden Orten mitbenutzt wurde. In der NS-Zeit weitgehend abgeräumt, sind heute auf dem ca. 1.300 m² großen Gelände nur noch vier Grabsteine vorhanden.
Jüdischer Friedhof in Schöneberg (Aufn. J. Hahn, 2005)
Im nahen Dorf Wallhausen (heute zur Verbandsgemeinde Rüdesheim/Nahe gehörig) waren stets nur sehr wenige jüdische Familien ansässig; trotzdem gab es hier einen Betraum und ein Beerdigungsgelände - das flächenmäßig kleinste im Landkreis Bad Kreuznach. Offiziell sollen die Juden Wallhausens ab ca. 1920 der Gemeinde Argenschwang angeschlossen gewesen sein. Die 1938 noch in Wallhausen lebenden beiden jüdischen Familien mussten mitansehen, wie ihr Besitz von SA-Angehörigen zertrümmert wurde.
Sechs Grabstätten sind heute auf dem weit außerhalb des Ortes liegenden ca. 200 m² großen Beerdigungsgelände zu finden; vermutlich wurde der Friedhof erst um 1900 angelegt.
Der kleine Friedhof bei Wallhausen (Aufn. J. Hahn, 2005)
Weitere Informationen:
Kreisverwaltung Bad Kreuznach (Hrg.), Die jüdischen Synagogen im Landkreis Bad Kreuznach, Bad Kreuznach 1988, S. 47/48
Maren Heyne, Stille Gärten - beredte Steine. Jüdische Friedhöfe im Rheinland, Bonn 1994, S. 128/129
Dirk Taubenheim, Entstehung, Entwicklung und Ende der Synagogengemeinde Waldlaubersheim, Jahresarbeit am SGG Bingen, 1995
Dokumentation: Jüdische Grabstätten im Kreis Bad Kreuznach. Geschichte und Gestaltung, in: "Heimatkundliche Schriftenreihe des Landkreises Bad Kreuznach", Band 28, 1995, S. 373 – 378 (Schöneberg), S. 491 - 499 (Wallhausen) und S. 521 - 531 (Windesheim)
Dirk Taubenheim (Red.), Die Geschichte der Synagogengemeinden von Rümmelsheim und Waldlaubersheim. Entstehung, Entwicklung und Auflösung, in: "SACHOR. Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz", Ausg. 2/1997, Heft 14, S. 56/57
Windesheim, in: alemannia-judaica.de
Waldlaubersheim, in: alemannia-judaica.de
Wallhausen und jüdischer Friedhof (mit mehreren Aufnahmen), in: alemannia-judaica.de
Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels”. Synagogen. Rheinland-Pfalz und Saarland, Hrg. Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz, Mainz 2005, S. 387/38
Norbert Krupp (Red.), Keine Stolpersteine für Windesheim, in: „Allgemeine Zeitung“ vom 21.6.2021