Zeil/Main (Unterfranken/Bayern)

Datei:Zeil am Main in HAS.svg Zeil am Main ist eine Kleinstadt mit derzeit ca. 5.700 Einwohnern im unterfränkischen Landkreis Haßberge – zwischen Bamberg (im O) und Schweinfurt (im W) gelegen (Kartenskizze 'Landkreis Haßberge', Hagar 2010, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Bereits seit dem 14.Jahrhundert sind vereinzelt jüdische Bewohner in der südöstlich von Haßfurt gelegenen Ortschaft Zeil nachweisbar. Ob während der folgenden Jahrhunderte dauerhaft hier Juden gelebt haben, kann nicht belegt werden. Ihren zahlenmäßigen Höchststand erreichte die Gemeinde in den Jahren 1860/1870, als hier etwa 70 Juden gezählt wurden. Viehhandel, aber auch Landwirtschaft und Handwerke waren die Haupterwerbsquellen der Zeiler Juden. Die aus Zeil stammende Kaufmannsfamilie Ullmann brachte es in Bamberg und Fürth zu Ansehen und Wohlstand.

An Stelle eines Betraumes in einem maroden alten Privathause errichtete die finanzschwache Zeiler Gemeinde Mitte der 1850er Jahre eine neue Synagoge. Zuvor hatten die Gemeindemitglieder den folgenden Beschluss gefasst:

„ ... Es wurde uns unterschriebenen Gemeindemitgliedern, durch Polizeiliche Kommission angezeiget, daß unser Bethe-Haus in so schlechten baufälligen Zustande sey, daß sogar jede Reparatur daran vergebens ist. Wir haben daher beschlossen, eine neue Synagoge bauen zu lassen. Da aber unsere Mittel dazu zu gering sind, wollen wir das Königliche Landgericht bitten, uns zu diesem Bau eine Kollekte zu bewilligen.”

Verstorbene Gemeindeangehörige fanden auf dem jüdischen Bezirksfriedhof in Kleinsteinach ihre letzte Ruhe. Auf diesem großen Beerdigungsareal findet man heute noch mehr als 1.000 Grabsteine; sie erinnern an hier begrabene Juden aus dem gesamten Bezirk Haßfurt.

Die jüdische Gemeinde Zeil gehörte zunächst zum Distriktrabbinat Niederwerrn, später zu dem von Schweinfurt.

Juden in Zeil (Main):

    --- um 1815 ................. ca. 30 Juden,

    --- 1836 ........................ 50   “  ,

    --- 1867 ........................ 66   “  (in 11 Familien),

    --- 1880 ........................ 47   “  ,

    --- 1890 ........................ 29   “  ,

    --- 1900 ........................ 21   “  ,

    --- 1910 ........................  6   “  ,

    --- 1933 ........................  2   “  ,

    --- 1938 ........................  2   “  .

Angaben aus: Cordula Kappner, Aus der jüdischen Geschichte des heutigen Landkreises Hassberge

 

In den Matrikellisten von 1817 waren für Zeil sieben Familienvorstände verzeichnet; alle bestritten ihren Lebensunterhalt als Viehhändler. Ab Mitte des 19.Jahrhunderts verließen zahlreiche Bewohner Zeil, um in Nordamerika eine neue wirtschaftliche Existenz zu gründen; unter den Emigranten waren auch einige jüdische Familien. Als die Kultusgemeinde nach Ende des Ersten Weltkrieges keinen Minjan mehr stellen konnte, löste sie sich 1920 offiziell auf; die wenigen noch in Zeil lebenden Juden schlossen sich der Gemeinde in Haßfurt an. Die Thorarollen aus der Synagoge brachte man ebenfalls nach Haßfurt; hier wurden sie während des Novemberpogroms von 1938 vernichtet.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des „Gedenkbuches – Opfer der Verfolgung der Juden ...“ fielen sechs aus Zeil stammende jüdische Bürger der „Endlösung“ zum Opfer (namentliche Nennung der betroffenen Persomnen siehe: alemannia-judaica.de/zeil_synagoge.htm)

[vgl. Haßfurt (Bayern)]

 

https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2097/Zeil%20Synagoge%20106.jpgJudengasse mit alter Stadtmauer (Aufn. F., 2022, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

Das ehemalige Synagogengebäude an der Ecke Speiergasse/Ecke Judengasse befindet sich seit vielen Jahren in Privatbesitz und wird - äußerlich fast unverändert - zu Wohnzwecken genutzt. Eine am Gebäude angebrachte Gedenktafel erinnert an die einstige Bestimmung dieses Hauses:

Ehemalige Synagoge

1854 neu errichtet mit Ritualbad und Thoraschrein an der Ostseite. Im 14.Jh. erstmals Juden in Zeil.

1920 Auflösung der Jüd. Kultusgemeinde. Seitdem Privatbesitz.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2097/Zeil%20Synagoge%20100.jpg Ehem. Synagoge mit Hinweistafel (Aufn. J. Hahn, 2007)*

* Im Obergeschoss befand sich der Betsaal; man erkennt heute noch von außen die Nische für den Thoraschrein.

 

 

 

In der am gegenüberliegenden Mainufer liegenden Ortschaft Knetzgau war vermutlich vom 18.Jahrhundert bis ins ausgehende 19.Jahrhundert eine kleine jüdische Gemeinde beheimatet. Um 1800 lebten ca. 30 jüdische Bewohner im Dorf. Bei der Erstellung der Matrikel (1817) sind Juden mit sechs Stellen gelistet; ihre Inhaber bestritten den Lebensunterhalt für ihre Familien zumeist im Schnittwarenhandel.

Zu den Kultuseinrichtungen zählten eine im 17. Jahrhundert erbaute Synagoge mit Schulräumen und eine Mikwe; das alte Synagogengebäude hat in seiner Bausubstanz die Jahrhunderte überdauert. Verstorbene Gemeindeangehörige wurden auf dem jüdischen Friedhof in Kleinsteinach oder auf dem in Limbach beigesetzt. Aus- und Abwanderung führten in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts zur Auflösung der winzigen Gemeinde.

Reste eines rituellen Bades (Mikwe) sind im Keller eines Privathauses heute noch vorhanden.

 

 

 

Weitere Informationen:

Herbert Schultheis, Juden in Mainfranken 1933 - 1945 unter besonderer Berücksichtigung der Deportationen Würzburger Juden, in: "Bad Neustädter Beiträge zur Geschichte und Heimatkunde Frankens", Band 1, Verlag Max Rötter, Bad Neustadt a.d. Saale 1980, S. 283/284

Israel Schwierz, Steinerne Zeugen jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation, Hrg. Landeszentrale für politische Bildungsarbeit Bayern, München 1992, S. 89 und S. 145/146

Cordula Kappner, Aus der jüdischen Geschichte des heutigen Landkreises Hassberge, Hrg. Landratsamt Hassberge, Hassfurt 1998

Ludwig Leisentritt, Die Juden in Zeil. Manuskript eines Vortrags - gehalten im jüdischen Zentrum in Tüchersfeld/Fränkische Schweiz, o.J.

Zeil am Main, in: alemannia-judaica.de

Knetzgau, in: alemannia-judaica.de