Zoppot b. Danzig (Westpreußen)
Ausschnitte aus historischen Landkarten (aus: wikipedia.org, CCO und aus: forum.danzig.de) - Kartenskizze 'Polen' mit Sopot rot markiert
Im Danziger Vorort Zoppot (poln. Sopot, derzeit ca. 36.000 Einw.), dem einstigen Fischerdorf und späteren mondänen Seebad an der Danziger Bucht, sind um 1860 die ersten jüdischen Einwohner dokumentiert. Im Jahre 1912 gründete sich eine selbstständige Kultusgemeinde, nachdem in den Jahrzehnten zuvor eine Anbindung der jüdischen Familien an die Gemeinde von Neustadt (poln. Wejherowo) bestanden hatte.
In der Roonstraße befand sich ein jüdisches Gotteshaus, das in den Jahren 1913/1914 erbaut worden war; eine Spende des Danziger Kaufmanns Caspar Silberstein hatte erst den Bau ermöglicht. Für die bauliche Gestaltung des Gebäudes mit seinen zwei Türmchen hatte der Architekt Adolf Bielefeldt verantwortlich gezeichnet. Die feierliche Einweihung der neuen Synagoge nahm der Danziger Rabbiner Robert Kaelter am 26.Mai 1914 vor; bei den Feierlichkeiten war die gesamte Stadtprominenz anwesend.
Synagoge in Zoppot (hist. Postkarte und hist. Aufn., um 1930)
In etwa zeitgleich legte die derzeit kleine jüdische Gemeinde ihr Begräbnisareal an der Großen Katzerstraße (gegenüber dem Kommunalfriedhof) an.
Juden in Zoppot:
--- 1869 ........................... 5 jüdische Familien,
--- 1895 ........................... 38 Juden,
--- 1902 ........................... 99 “ ,
--- 1910 ........................... 86 “ (0,7% d. Bevölk.),
--- 1923 ....................... ca. 3.800 “ ,* *nur vorübergehend am Ort (Emigranten)
--- 1929 ....................... ca. 4.300 “ ,*
--- 1939 ........................... 140 “ ,
--- 1945 ........................... 50 “ ,
--- 1947 ........................... 545 “ ,
--- 2006 ....................... ca. 100 “ .
Angaben aus: M. Borzyszkowska-Szewczyk/C.Pletzing, Jüdische Spuren in der Kaschubei. Reisehandbuch, München 2010, S. 307
Anm.: Als ein Ergebnis des Versailler Vertrages wurde Zoppot (mit Neuteich und Tiegenhof) dem Gebiet der Freien Stadt Danzig eingegliedert.
Zoppot - Postkarte um 1905 (Abb. aus: commons.wikimedia.org, gemeinfrei)
In den 1920er Jahren kamen hunderte jüdischer Familien nach Zoppot; denn bedingt durch die sozialen und politischen Verhältnisse verließen viele Juden ihre polnische und russische Heimat, um in Nord- oder Südamerika ein neues Leben zu beginnen. Zoppot war Zwischenstation auf ihrem Weg in die Neue Welt. Diejenigen in der Stadt verbliebenen ostjüdischen Zuwanderer, die um 1930 etwa 400 Personen zählten, bildeten eine separate Gemeinschaft mit eigenen rituellen Einrichtungen (eigener Friedhof).
Auf Grund der politischen Lage in Deutschland nach 1933 erhielt die zionistische Bewegung immer größeren Einfluss.
Der Pogrom von 1938 verlief in Zoppot recht gewalttätig; so drangen SA-Angehörige in jüdische Wohnungen ein, zertrümmerten das Mobiliar, vergriffen sich an Schmuck und Wertgegenständen und misshandelten die Wohnungsinhaber. Nachdem die Synagoge ausgeraubt worden war, legte man Feuer; erst der zweite Versuch führte dazu, dass das Gebäude bis auf die Grundmauern niederbrannte. Bei Kriegsbeginn hielten sich noch etwa 140 Personen jüdischen Glaubens in Zoppot auf; sie wurden alsbald ins "Generalgouvernement" deportiert.
Nach Kriegsende bildete sich wieder eine neue Gemeinde, deren Angehörige aber in den folgenden Jahren zumeist emigrierten.
Am ehemaligen Synagogenstandortte steht heute ein mehrstöckiges Wohnhaus. Ein früheres Mitglied der Synagogengemeinde Zoppot hat eine Gedenktafel gestiftet, die hier in polnischer und englischer Sprache an das eienstige jüdische Gotteshaus erinnert.
Der jüdische Friedhof, der Ende der 1940er Jahre offiziell geschlossen wurde, rückte ab den 1980er Jahren wieder ins Interesse der Öffentlichkeit. Mit Hilfe von Stiftungsgeldern konnte eine Teilrestaurierung des Friedhofsgeländes bzw. von Grabsteinen erfolgen; allerdings macht das Gelände noch insgesamt einen recht verwahrlosten Eindruck.
Eingangsportal (Aufn. R. Peplinski, 2012 und Ewa Jaros, 2013, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0 pl)
vgl. dazu: Danzig
Weitere Informationen:
Max Aschkewitz, Zur Geschichte der Juden in Westpreußen, in: "Wissenschaftliche Beiträge zur Geschichte und Landeskunde Ost-Mitteleuropas", No. 81, hrg. vom Johann Gottfried Herder-Institut, Marburg 1967
Grzegorz Berendt, Die Danziger, Zoppoter und Gdinger Juden im 20.Jahrhundert, in: M.Brocke/M.Heitmann/H.Lordick (Hrg.), Zur Geschichte und Kultur der Juden in Ost- und Westpreußen, Georg Olms Verlag, Hildesheim/u.a. 2000, S. 187 f.
Gerhard Salinger, Zur Erinnerung und zum Gedenken - Die einstigen jüdischen Gemeinden Westpreußens, Teillband 1 (Regierungsbezirk Danzig), New York 2009, S. 58 - 64
M. Borzyszkowska-Szewczyk/C.Pletzing, Jüdische Spuren in der Kaschubei. Reisehandbuch, München 2010
Zoppot, in: sztetl.org.pl